Teenager
Kaufmann im Einzelhandel
Hanka Meves-Fricke · 20.05.2019
zurück zur ÜbersichtFoto: Sonja Hoffmann
Im Hintergrund läuft leise Musik. Am Eingang scheppern die Einkaufswagen aneinander. „Johannes, kannst du bitte die Kasse 2 aufmachen.“ Ich bin im REWE Rahmati am Hohenstaufenring. Beim Blick auf den Käsestand läuft mir das Wasser im Mund zusammen, doch diesmal bin ich nicht zum Einkaufen hier: Ich möchte Johannes Büsch kennenlernen, 25 Jahre alt, ausgebildeter Schauspieler, jetzt Auszubildender als Kaufmann im Einzelhandel. „Ich suche Johannes Büsch“, frage ich. „Das bin ich“, sagt er lächelnd und meine Kollegin Sonja Hoffmann und ich fühlen uns sofort willkommen.
„Ich kannte keine Drachenfrucht, als ich hier angefangen habe zu arbeiten“, berichtet Johannes. „Doch wie willst du jemandem etwas anbieten, was du selbst nicht kennst? Mein Ausbilder hat gesagt: Probier! Seitdem habe ich die Gelegenheit, stets Neues kennenzulernen.“
Vom Schauspiel in den Handel
Johannes Büsch hat während seiner Schauspielausbildung einen Job gesucht, um sein Studium zu finanzieren. Das gute Arbeitsklima und die Möglichkeit, jeden Tag etwas anderes zu machen, haben ihm gefallen. Er wollte sich in seiner Arbeit weiterentwickeln und darum hat er sich entschieden, eine Ausbildung zu absolvieren. „Natürlich sollte ein Kaufmann im Einzelhandel rechnen und lesen können, doch muss man auch Interesse am Umgang mit Menschen haben, neugierig auf Neues sein und logisch denken können: Wenn ein Kunde Eier, Mehl oder Vanillezucker kauft, möchte er wahrscheinlich backen. Und ich kann ihm vorschlagen, Schokostreusel dafür zu kaufen.“
Jeden Tag Neues lernen
An einem Tag sitzt Johannes Büsch an der Kasse, am nächsten richtet er den Gemüsestand ansprechend ein, am dritten bringt ihm sein Kollege, Weinberater Björn Wurth, Fachwissen über Weine bei. Er hat einen Knopf im Ohr, über den ihm eine Kollegin an der Kasse zuruft, dass er schnell mal nach einem Preis schauen soll. Per Funk antwortet er. Das spart Arbeitswege. Dennoch kommt Johannes Büsch auf 15.000 bis 20.000 Schritte an einem Arbeitstag. Kaufmann im Einzelhandel ist also ein recht gesunder Beruf. Nach fast zwei Jahren Ausbildung steht Johannes kurz vor seinem ersten Abschluss als Verkäufer. Wenn er diese Prüfungen gut abschließt, kann er nach einem weiteren Jahr seine Ausbildung als Kaufmann im Einzelhandel machen.
Zupacken können muss man
Johannes gefällt es, dass der Supermarkt in einem alten Kölner Viertel liegt und dennoch viele Touristen vorbeikommen. „Wir haben Stammkunden, Touristen, Studenten. Schön ist es, wenn ich auf dieselben Gesichter treffe, die Kunden kenne und sie gut beraten kann.“
Zwei Tage pro Woche büffelt Johannes dafür mit seinen 15 Co-Auszubildenden in der Berufsschule in der Lindenstraße. Im ersten Jahr fasste die Klasse noch 22 Auszubildende. Einige haben wie er Abitur gemacht, die meisten einen Real- oder Hauptschulabschluss. „Zupacken können muss man in unserem Beruf. Ich habe gelernt, Kisten rückenschonend zu heben, und so manche Muskelgruppe ist bei der Arbeit gewachsen.“
Der REWE Rahmati hat von Montag bis Samstag von 6 bis 24 Uhr geöffnet. Das Unternehmen bietet Voll und Teilzeitstellen sowie spezielle Vereinbarungen, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Familie und Beruf verbinden können. Die Auszubildenden arbeiten wie alle anderen auch in Schichten. „Das ist nichts für jedermann“, erklärt Johannes. „Für mich ist es von Vorteil, denn wenn ich mal einen Drehtag als Schauspieler habe, kann ich so vor oder nacharbeiten. Und meine Chefs hatten bisher für Arbeitszeitwünsche meist ein offenes Ohr.“
Respekt und Höflichkeit sind gefragt
Ein paar Tage nach unserem Gespräch fahre ich mit dem Fahrrad am REWE Rahmati vorbei. Eine Gruppe junger Männer kommt grölend aus dem Supermarkt, jeder hat eine Flasche Bier in der Hand. Ich kann ihnen grade noch auf dem Fahrradweg ausweichen. Mir fällt eine Bemerkung von Johannes Büsch ein: „Manchmal stört mich die Respektlosigkeit im Umgang miteinander. Wir sind höflich zu unseren Kunden und möchten, dass diese auch höflich mit uns umgehen, egal ob Karneval ist oder kurz vor Ladenschluss in der Weihnachtszeit.“
In seiner Freizeit spielt Johannes Büsch Computerspiele, treibt Sport und lernt Standardtänze. Also kein Wunder, dass er schon mal mittanzt, wenn „Happy“ im Supermarkt erklingt. Aber wenn zu Weihnachten jeden Tag „Last Christmas“ läuft, dann ist ihm das auch oft zu viel.
Und nach der Ausbildung? Johannes überlegt nicht lange: „Ich kann mir gut vorstellen, bei REWE in einer Führungsposition zu arbeiten. Ich nicke ihm zu: Ja, kann ich mir auch für ihn vorstellen. Vielleicht kommen Sonja Hoffmann und ich in ein paar Jahren nochmals vorbei und erzählen, was aus Johannes Büsch geworden ist.
BERUFE-CHECK Ausbildung: Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel
Voraussetzungen
• Ein guter Hauptschulabschluss, gute mittlere Reife, Fachabitur oder Abitur
• Freude am Umgang mit Menschen und Lebensmitteln
• Interesse am Handel und seinen Kunden
• Teamgeist, Kontaktfreudigkeit und Kundenorientierung
• Belastbarkeit und Einsatzbereitschaft
Ausbildung
• Duales System mit praktischer Ausbildung im Einzelhandel
• Dauer: 3 Jahre
Inhalte
• Wirtschafts und Sozialprozesse, Kundenkommunikation und service, warenwirtschaftliche Prozesse, kaufmännische Steuerung und Kontrolle, Warenpräsentationen, Warenwirtschaft und Soziales, Warensteuerung und Kontrolle
• Englisch, Datenverarbeitung, Deutsch, Politik, Gesundheitsförderung/Sport, Religion
Vergütung
Die Ausbildungsvergütung variiert abhängig von den regionalen Tarifverträgen. Bei REWE Rahmati erhalten die Auszubildenden ca. 850 Euro pro Monat.
Weitere Ausbildungsberufe findet ihr in unserer Berufe-Check-Übersicht.