Rund ums Baby
Tipps für die Fernreise mit Baby
Text und Fotos: Svenja Kretschmer · 02.03.2022
zurück zur ÜbersichtAutorin Svenja Kretschmer mit ihrer Familie im mittelamerikanischen Belize. © Svenja Kretschmer
Die letzte Reise, die mein Mann Nils und ich außerhalb von Europa unternommen haben, ist mittlerweile elf Jahre her. Recht unvermittelt packte uns vor einigen Monaten das Fernweh. „Aber wir haben ja ein Baby, also geht das nicht“, war mein erster Gedanke. Und trotzdem haben wir uns vor ziemlich genau vier Wochen in den Flieger nach Mittelamerika gesetzt und es entgegen meiner Befürchtungen kein bisschen bereut – im Gegenteil.
Fernreise mit Baby: Ängste und Sorgen
Ich muss gestehen, am Anfang hatte ich ziemlich große Angst davor, eine Fernreise mit Baby zu machen. Ich hatte Angst, unser Geld aus dem Fenster zu werfen, weil ein solches Vorhaben mit Baby nicht funktionieren würde. In meiner Vorstellung steckten wir mit schreiendem Kind am anderen Ende der Welt fest und warteten auf den nächstmöglichen Rückflug. Ich hatte Angst, dass wir unseren Sohn in Gefahr bringen würden. Angst vor Krankheiten, Sonnenbrand und Moskitostichen, die meinem Baby schaden könnten, außerdem vor Diebstahl und davor, als Mutter zu versagen. Vielleicht hatte ich auch schlicht Angst vor Veränderung – schließlich stellt sich mit einem Baby gefühlt auch ohne Weltreise jeden Tag das ganze Leben auf den Kopf. Wieso das auch noch freiwillig verstärken?
Ich habe allerdings das Glück, einen Mann an meiner Seite zu haben, der all diese Ängste nicht hat. Nils war vollkommen entspannt und zuversichtlich. Und er hat es geschafft, mich von einer Reise nach Belize zu überzeugen, mir Mut zu machen und die Weltentdeckerin in mir wiederzufinden.
Zwar sind ein paar meiner Ängste tatsächlich eingetreten: Wir hatten alle mal Sonnenbrand, jeder ein paar Moskitostiche, Nils hatte eine Lebensmittelvergiftung und ich verlor unsere Kreditkarte. Wir hatten es mit Kakerlaken, Kriebelmücken und Krebsen zu tun und zu Beginn mit einem nicht zu verleugnenden Kulturschock. Aber wer mit all dem die wenigsten Probleme hatte, war unser Sohn. Ole ging es einfach gut.
Im Nachhinein kann ich sagen (Achtung, Spoiler!): Fernreisen mit Baby, na klar, das geht. Wenn man ein paar Dinge beachtet und vorbereitet, dann ist das auch gar nicht so schwer.
Vater und Sohn beim Ausflug zu einer Maya Ruine. © Svenja Kretschmer
Dreh- und Angelpunkt: die eigene Einstellung
Das Wichtigste für eine Fernreise mit Baby ist meines Erachtens die eigene Einstellung. Nils und ich hatten Lust, die Welt zu entdecken und gemeinsam mit unserem Kind Abenteuer zu erleben. Wir wollten ausprobieren, ob und wie das funktionieren kann. Dass es am Ende so gut funktioniert hat, lag mit Sicherheit auch daran, dass wir zuversichtlich und recht entspannt waren – auch mit Ole. Wir hatten kein Problem damit, Ole auch mal auf Boden zu setzen, damit wir in Ruhe essen konnten, auch wenn das bedeutete, seine Klamotten fast täglich zu waschen. Wir haben vieles einfach ausprobiert und darauf vertraut, dass er sich melden wird, wenn für ihn etwas nicht geht.
Außerdem blieben wir in unserer Reiseplanung offen und waren bereit, auch mal zu improvisieren. Wir haben mit Ole die Erfahrung gemacht, dass er glücklich ist, wenn wir glücklich sind, wenn wir drei zusammen sind und etwas unternehmen. Dann ist es ihm egal, ob wir gerade im Flugzeug sitzen, bei Sturm und Wind eine Bootsfahrt machen oder in tropischer Hitze wandern gehen. Solange er dabei ist und wir auf ihn und seine Bedürfnisse eingehen, liebt er jedes Abenteuer.
Vorbereitung: Tipps für eine Fernreise mit Baby
Die erste Reise mit Baby bedarf Vorbereitung. Ich habe mir im Vorhinein Tipps von anderen Eltern eingeholt, die bereits ähnliche Reisen mit Kindern in dem Alter unternommen und gute Erfahrungen damit gemacht haben. Durch die gute Vorbereitung konnte ich entspannter in die Reise starten.
Die folgenden Punkte waren für uns hilfreich – natürlich hängt manches vom Klima des Reiselandes sowie vom Alter und der Persönlichkeit von Kind und Eltern ab.
- Reisepass: Selbst die jüngsten Babys brauchen auf Reisen ein Ausweisdokument. Da wir über die USA flogen, bekam Ole mit seinen neun Monaten keinen Kinder- sondern einen regulären Reisepass. Es dauert mindestens drei Wochen, bis er fertig ist, häufig auch länger, darum nicht vergessen, ihn rechtzeitig zu beantragen.
- Kinderwagen: Es gibt spezielle Flugzeug-Buggys, die sich so klein zusammenklappen lassen, dass sie im Flieger ins Handgepäck passen. Aber auch andere faltbare Kinderwagen werden kostenlos im Frachtraum des Flugzeuges transportiert. Wir haben den Kinderwagen vor allem in den Städten benutzt, wenn es in Restaurants keinen Hochsitz gab und häufig auch einfach, um unsere Rucksäcke zu transportieren, während wir Ole auf dem Arm trugen.
- Sonnenschutz: Ein Sonnenhut zum Festbinden und mit einer Krempe, die den Nacken verdeckt, ist in tropischen Ländern wie Belize unentbehrlich. Oles Hut hatte zwar eine Krempe, aber kein Band. Wir haben vor Ort die Henkel eines Jutebeutels angenäht und das hat prima funktioniert. Reisen macht erfinderisch!
- UV-Schutzanzug: UV-Schutzanzüge sind aus einem Material, das an Schwimmkleidung erinnert. Ole liebt Wasser und mit dem Anzug haben wir ihn sowohl vor kühlen Wassertemperaturen als auch vor Sonne geschützt. So konnten wir mit ihm länger im Wasser verweilen.
- Trage: Die Trage haben wir vor allem für Wanderungen genutzt, wenn die Wege zu holprig für den Kinderwagen waren. Vor allem für kleine Babys, die noch nicht sehr beweglich sind, ist die Trage eine tolle und platzsparende Sache.
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Langärmlige Babykleidung: Kurze T-Shirts und Bodys hätten wir getrost zu Hause lassen können. Sie schützen einfach zu wenig vor Insekten und Sonne. Lange Bodys mit wenig Ausschnitt und Hosen aus möglichst dünnem Stoff sind eine gute Wahl.
- Sonnencreme: Sonnencreme für Babys haben wir möglichst wenig benutzt und mehr auf Sonnenschutz durch Kleidung gesetzt. In einigen Gegenden ohne jeglichen Schatten war Sonnencreme für Oles Gesicht und Händchen aber unentbehrlich.
- Digitaler Speicherplatz: Wir haben vor der Reise den Speicherplatz auf unseren Handys wieder freigemacht und mehrere Speicherkarten für unsere Kamera mitgenommen. Auf der allerersten Reise wird das Baby viele Dinge zum ersten Mal machen und es ergeben sich immer wieder Gelegenheiten für ganz besondere Fotos – da sollte ausreichend Speicherplatz zur Verfügung stehen.
- Babynahrung: Es ist sinnvoll, Brei für die ersten Tage mitzunehmen. Wir hatten sieben Gläschen für die ersten sieben Tage dabei. In Belize gab es zum Beispiel nur reinen Obstbrei zu kaufen. Da Ole aber noch nicht viel Brei isst und nicht wählerisch ist, war das für uns kein Problem.
- Reisekissen: Ein Reisekissen oder Nackenhörnchen war nicht nur für den Flug praktisch sondern auch für das Stillen.
Reiseapotheke, Impfungen und Co.
Um meinen Ängsten entgegenzuwirken, bereitete ich mich auf mögliche Notsituationen vor. Ich nahm an einem Erste-Hilfe-Kurs für Säuglinge teil und sprach mit unserer Kinderärztin über die Reise. Ich fragte sie unter anderem nach Tipps und empfohlenen Impfungen, wobei in Oles Fall keine weitere Impfung nötig war. Welche Impfungen für das Alter und den Impfstatus eures Kindes und euer Reiseland wichtig sein könnten, erfragt ihr am besten bei eurem Kinderarzt oder eurer Kinderärztin. Erste Informationen findet ihr zudem bei Kinder- & Jugenärzte im Netz.
Nach meinen Gesprächen und Recherchen stellte ich unsere Reiseapotheke folgendermaßen zusammen:
- U-Heft (in Kopie)
- Krankenkassenkarte
- Zettel mit wichtigen Telefonnummern wie die des internationaler Notrufs (911), der Giftzentrale in Bonn (0228 – 192 40), unserer Kinderärztin und Reiseversicherung
- Wundsalbe
- Fieberthermometer
- Pflaster, Verbandszeug und Desinfektionsmittel
- altersgerechtes fiebersenkendes Mittel (Zäpfchen)
- Klistiere gegen Verstopfung
- verschiedene homöopathische Mittel (bei Grummeln im Bauch, leichtem Fieber, Husten oder beginnendem Infekt)
- Zahnungskügelchen
- Zeckenzange
- Giftsauger bei Wespen- oder Moskitostichen. Diesen habe ich aus dem Zylinder einer handelsüblichen Spritze selbstgebaut, indem ich den oberen Teil abgeschnitten habe.
- beruhigende Salbe bei Stichen, Sonnenbrand und Verbrennungen
Weitere Hinweise und Tipps zur medizinischen Versorgung auf Reisen findet ihr in unserem Artikel über die Reiseapotheke.
Ob als Shake oder Brei – In Belize gibt es Obst für die ganze Familie. © Svenja Kretschmer
Der Flug: Umgang mit Ohrendruck und Bewegungsdrang
Das erste Abenteuer einer Fernreise und der größte Unterschied zum „normalen“ Reise ist der Flug. Obwohl ich selbst schon oft geflogen bin und keine Angst davor habe, war ich doch aufgeregt zum ersten Mal mit Baby zu fliegen. Aber wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht.
Das wichtigste ist meines Erachtens, während des Starts und der Landung zu stillen oder zu füttern. Die Bewegung des Kiefers hilft – ähnlich wie Kaugummikauen und Gähnen – den Ohrendruck zu regulieren. Dabei solltet ihr abwarten, bis das Flugzeug sich auf der Startbahn befindet, damit das Baby beim Start auch noch Hunger hat. Die Landung dauert deutlich länger als der Start. Hierbei habe ich immer dann, wenn ich selbst Ohrendruck hatte, meist etwa 45 Minuten vor der Landung, Ole ein bisschen gestillt und dann bis zum nächsten Ohrendruck wieder eine Stillpause gemacht. Zusätzlich haben wir Ohrstöpsel für Kinder gekauft, die den Druck abbauen.
In manchen Flugzeugen gibt es Bettchen, sogenannte Bassinets. Nachfragen lohnt sich. Selbst wenn es das nicht geben sollte, ist das Flugpersonal interessiert daran, jungen Eltern bestmöglich zu helfen. Für uns wurden spontan Mitreisende umgesetzt, sodass wir eine Sitzreihe für uns hatten, auf der wir Ole ablegen konnten.
Natürlich ist Fliegen für Eltern anstrengender als für Erwachsene ohne Kind. Entspannt Filme schauen geht nur abwechselnd oder wenn das Baby schläft. In Oles Wachphasen sind wir mit ihm im Flugzeug herumgelaufen oder haben uns mit ihm vor den Notausgängen auf den Boden gesetzt.
Mobilität: vor Ort unterwegs
Unsere Reise in Belize war sehr vielseitig was die Mobilität betrifft. Wir waren mit dem Taxi unterwegs, mit dem Fahrrad, mit Golfautos, Booten, Fähren und Mietautos. Alles hat mit Ole ohne Probleme geklappt. Nur Busse haben wir aufgrund von Corona nicht genutzt. Die unkomplizierteste Art zu Reisen war für uns als Familie das Mietauto. Bei der Fahrt ist Ole immer schnell eingeschlafen und war bei unseren Ausflügen ausgeschlafen. Wir waren unabhängig und hatten unsere Sachen immer bei uns.
Kindersitz im Auto
In anderen Ländern gibt es nicht nur andere Sitten, sondern auch andere Verkehrsregeln. So gibt es in Belize zum Beispiel keine Kindersitzpflicht und dementsprechend bei der Autovermietung oder bei Taxiunternehmen keine Kindersitze zum Mieten. Babys fahren dort im Auto noch auf dem Schoß mit. Da der Verkehr in Belize gleichzeitig deutlich moderater ist als in Deutschland, war das für uns kein Problem. Wer das jedoch nicht möchte, sollte vorher recherchieren und gegebenenfalls einen Kindersitz mitbringen.
Auf Reisen sammelt die Familie Erfahrungen und Eindrücke. © Svenja Kretschmer
Fazit
Natürlich ist das Reisen mit einem Baby anders als zu zweit – so wie sich eben das gesamte Leben durch ein Baby verändert. Es ist sicher weniger romantisch und auf seine Art anstrengender. Nils und ich konnten zum Beispiel nur nacheinander Schnorcheln oder Tauchen. Auch für Wassersport oder Ziplining werden sicherlich noch einmal bessere Zeiten kommen.
Aber wenn ihr euch darauf einstellt, dann funktioniert vieles mit Baby: Wanderungen im Dschungel, Ausflüge zu Maya Ruinen und Nationalparks, Schwimmen im Pool und im Meer, Besuche bei einheimischen Familien und in Restaurants.
Das Babyalter bringt viele Vorteile mit sich für das Reisen: Ihr seid noch nicht an die Schulferien gebunden, könnt das Kind unkompliziert tragen und schieben und wenn ihr noch stillt, seid ihr komplett unabhängig von Lebensmitteln und Küchen vor Ort.
Nicht nur wir sondern auch Ole haben die Zeit genossen und sind an unseren Erfahrungen gewachsen. Über drei Wochen am Stück gemeinsame Zeit als Familie zu haben, war unheimlich kostbar. Dabei haben wir drei eine Reise erlebt, die wir so schnell nicht wieder vergessen werden. Eine Reise vollgestopft mit Abenteuern, Erfahrungen und guten Gesprächen, die unseren Horizont erweitert und uns als Familie zusammengeschweißt haben. Uns hat die Reise gut getan. Wir kamen belebt, entspannt und voller Vertrauen in uns als Familie zurück.