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Rund ums Baby

Schwangerschaft - Das erste Trimester

Svenja Kretschmer · 15.03.2021

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Die ersten drei Monate ihrer Schwangerschaft – unsere Autorin Svenja erzählt, wie sie diese Zeit erlebt hat. © Svenja Kretschmer

Die ersten drei Monate ihrer Schwangerschaft – unsere Autorin Svenja erzählt, wie sie diese Zeit erlebt hat. © Svenja Kretschmer

Eine Achterbahnfahrt vom Zellhaufen zum Fötus – KÄNGURU-Autorin Svenja erzählt von den Anfängen ihrer Schwangerschaft. Begleitet sie bei wichtigen Momenten, Gefühlen und Erfahrungen während der ersten 3 Monate ihrer Schwangerschaft.

Seit über acht Monaten bin ich nun schwanger. Dreiunddreißig Wochen, in denen ich unheimlich viel gelernt habe, am meisten wohl über mich selbst. Ich blicke zurück auf die ersten zwölf Wochen meiner Schwangerschaft und denke an die Frau, die ich noch vor wenigen Monaten gewesen bin: Unendlich glücklich und dankbar, schwanger zu sein und doch so unerfahren mit der neuen Situation. Es ist verrückt, dass ich das gewesen bin und es ist noch viel verrückter, wenn ich daran denke, wer ich wohl erst nach der Geburt sein werde.

Vieles, auf das ich am Anfang meiner Schwangerschaft noch sehnsüchtig gewartet habe - dass endlich mein Bauch wächst, die ersten Tritte meines Kindes zu spüren oder das Geschlecht zu erfahren - ist mittlerweile für mich Wirklichkeit geworden. Es ist verrückt, aber die Schwangerschaft scheint in zwei Geschwindigkeiten zu vergehen: zum Verzweifeln langsam und gleichzeitig viel zu schnell. Nächste Woche beginnt bereits mein Geburtsvorbereitungskurs und schon in wenigen Wochen wird unser Baby endlich nicht mehr in, sondern auf meinem Bauch liegen und ein Teil unserer Familie sein.

In diesem Text geht es zunächst um das erste Trimester. Ich nehme euch mit ganz an den Anfang meiner Schwangerschaft, mitten hinein in elf Augenblicke aus meinen ersten zwölf Wochen. Einzeln betrachtet war jeder Moment vielleicht nur ganz klein, aber zusammen ergeben sie die Geschichte vom Beginn des Lebens meines ersten Kindes und meinem Startschuss in ein Leben als Mutter.

Vielleicht kann ich mit meiner Geschichte auch euch ein bisschen Mut machen, längst vergessene Erinnerungen wachrufen oder dafür sorgen, dass ihr euch einmal kräftig auf die Schulter klopft. Denn eines ist wohl klar: Schwangerschaft ist eine Herausforderung, aber sie lohnt sich.


In unserem Urlaub in Holland sprechen wir zum ersten Mal übers Kinder kriegen. © Svenja Kretschmer

Die ersten 3 Monate schwanger: Momente, Erfahrungen & Gefühle

19.07.2020

Für mich beginnt all das in Holland. Es ist der erste Urlaub mit eigenem Auto, in unserem Zelt mitten in den Dünen. Zwischen Sonne und Sturm, Wasser und Sand sprechen mein Mann Nils und ich zum ersten Mal konkret übers Kinder kriegen. Dass wir irgendwann einmal Eltern werden wollen, steht außer Frage. Aber bisher war es immer ein: „Klar, irgendwann. In ein paar Jahren vielleicht, aber noch nicht jetzt“, das nun völlig überraschend und ausgerechnet im Corona-Sommer zu einem „Warum eigentlich nicht jetzt?“ wird.

01.08.2020

Es ist der letzte Tag unseres Urlaubs. Wir haben viel über unsere Ängste und Wünsche gesprochen und mittlerweile können wir das Abenteuer Familie kaum noch abwarten. Es fühlt sich richtig an und auch wenn wir uns etwas aberwitzig dabei vorkommen (natürlich ist uns klar, dass es durchaus lange dauern kann, bis man tatsächlich schwanger wird), so können wir es doch nicht lassen: Im Strandcafé kaufen wir ein Kapuzenhandtuch und eine Hose für Neugeborene. Der Verkäuferin sagen wir, es sei für eine Bekannte. Stimmt aber nicht. Es ist für unser Kind.


Auch, wenn es noch etwas dauern könnte, bis ich schwanger werde - dies ist die erste Hose für unser Kind. © Svenja Kretschmer

21.08.2020

Ziemlich genau einen Monat nach unserem Urlaub kauft mein Mann einen Schwangerschaftstest. Meine Periode ist ein paar Tage überfällig und wir finden beide, dass meine Brüste deutlich größer geworden sind. Eigentlich sind wir uns sicher, dass ich schwanger sein MUSS, aber wir wollen es schwarz auf weiß.

Zunächst die Enttäuschung, als Nils von der Apotheke wiederkommt: So einen Test macht man am besten mit dem Morgenurin. Die Klarheit lässt also noch bis morgen auf sich warten.

In der Nacht träume ich davon, nicht genug Urin zu haben, um fünf Sekunden lang auf den Test zu pinkeln, und wir noch einen weiteren Tag warten müssen. Mein Mann träumt währenddessen von Zwillingen.

Am nächsten Morgen laufen wir gemeinsam ins Bad (mein Urin hätte für mindestens drei Tests gereicht). Wir warten uuund: Ich bin schwanger! Jetzt ist offiziell. Nils und ich, wir werden Eltern.

21.08.2020 - später

Ich sitze bei der Arbeit, lade mir verschiedene Schwangerschafts-Apps herunter und stelle fest: Ich bin schon in der fünften Schwangerschaftswoche. Ich verstehe nicht, wie das möglich sein soll, schmelze aber innerlich dahin, als ich lese, dass in dieser Woche das Herz meines Babys zu schlagen beginnt. Was für ein Wunder mein Körper und dieses kleine Wesen in mir doch ist!


In der fünften Schwangerschaftswoche beginnt das Herz meines Babys zu schlagen. © Svenja Kretschmer

23.08.2020

Ich sitze - unseren Kater auf dem Schoß und einen Stapel Schwangerschaftsbücher vor mir auf dem Tisch – auf der Terrasse und denke: „Mann, es gibt überhaupt nichts über das erste Trimester.“

Natürlich stimmt das nicht ganz. In jedem meiner Bücher gibt es ein paar Seiten. Allerdings entsprechen sie überhaupt nicht dem, worauf ich mich gefreut hatte: Weder stimmen sie mich auf eine Zeit ein, auf dich ich mich so sehr gefreut habe, noch machen sie Mut oder steigern meine Vorfreude. Im Gegenteil: Alle möglichen Symptome, die nur darauf warten, mich zu befallen, werden sehr anschaulich und detailreich erläutert und das Thema, welche Lebensmittel schädlich, ungesund oder auch bloß ungünstig sein können füllt ganze Kapitel. Außerdem geht es um die Wahrscheinlichkeit, dass mein Baby die ersten zwölf Wochen übersteht und darum, dass die meisten Menschen von dem Glück ihrer Schwangerschaft erst nach dem Überstehen des ersten Trimesters erzählen.

Ich werde innerlich immer kleiner, angespannter und verängstigter. Kann ich das überhaupt?

Alles in allem scheint es im ersten Trimester vor allem darum zu gehen, einfach irgendwie durchzuhalten. Also lese ich weiter. Scheint ja wichtig zu sein und schließlich will ich nur das Beste für mein Kind.

Erst als ich auf eine Textstelle stoße, in der steht, dass manche Menschen aus Angst vor Ansteckung ihre Katze für die Zeit ihrer Schwangerschaft ausquartieren - und ich mich daraufhin bei einem misstrauischen Blick auf unseren Kater erwische - klappe ich endlich alle Bücher zu und verstaue sie im Schrank, aus dem ich sie erst viele Wochen später wieder herauskramen werde. Was ich jetzt wirklich brauche, ist meine Intuition.

25.08.2020

Der Frauenarzttermin zur Bestätigung meiner Schwangerschaft ist erst morgen. Ich bin noch lange nicht über die ersten zwölf Wochen hinaus und trotzdem haben wir in den letzten vier Tagen unsere Familien abgeklappert und allen erzählt, dass wir ein Kind erwarten. Wir haben uns gefragt: Wenn tatsächlich etwas passieren sollte, mit wem würden wir darüber sprechen wollen? Und genau diesen Menschen erzählen wir schon jetzt von dem kleinen Herzen, das in meinem Bauch schlägt.

Ich kann mich an kaum eine andere Situation erinnern, in der ich so aufgeregt, so voller Vorfreude und Spannung gewesen bin, wie in den Momenten, in denen Nils und ich uns ansahen, zunickten und dann einer von uns die Worte aussprach: „Wir bekommen ein Kind.“

10.09.2020

In den ersten Wochen ging es mir körperlich unglaublich gut. Eigentlich habe ich bis auf ein wenig Müdigkeit und Lust auf harmlos gesunde Dinge wie Spinat, Kartoffeln und frischgepressten Orangensaft, kaum gemerkt, dass ich schwanger bin. „Pfff, so schwer ist das ja gar nicht“, habe ich gedacht. „Alles nur Klischees...“ Bis es mich in der siebten Woche schließlich einmal komplett von den Socken haut:

Ich mag mein Frühstück nicht essen. Weder mein geliebtes Müsli, noch Kaffee (und eigentlich LIEBE ich Kaffee). Selbst Wasser bekomme ich ohne einen Schuss Zitrone nicht herunter. Ich will Pommes. Und Cola. Oder Fertigfrikadellen. Oder Brathähnchen. (Habe ich erzählt, dass ich eigentlich vegetarisch esse?)

Ich muss zugeben, dass mich das wirklich schockt, aber: Das, was all die Schwangeren erzählen - von Gelüsten und Gefühlen und Müdigkeit – ist nicht dauerhaft da, sondern kommt in Phasen - aber es sind definitiv keine Klischees!

Auch unschwanger bin ich ein Mensch, der empathisch ist und seine Gefühle auch mal rauslassen muss. Aber heute ist einer der Tage, an dem durchlebe ich die gesamte Gefühlspalette – von empörter Wut auf meinen Mann, über tieftrauriges Mitgefühl für die Tiere in einer Tierdoku bis hin zu Blackouts, bei denen ich vergesse, den Autoschlüssel nach dem Aussteigen mitzunehmen und der darauffolgenden puren Enttäuschung über mich selbst, so vergesslich zu sein.

Am Abend liege ich schließlich in den Armen meines Mannes und erzähle ihm überglücklich, was für einen wunderschönen Tag ich doch hatte. Vollkommen erschöpft schüttelt er nur den Kopf.

17.09.2020

Seit ein paar Wochen sehe ich überall Schwangere und am liebsten würde ich zu jeder einzelnen hingehen und erzählen, dass auch ich eine von ihnen bin. Ich bin in der achten Schwangerschaftswoche und natürlich sieht man mir die Schwangerschaft noch kaum an, auch wenn ich meinen Bauch noch so sehr ausstrecke. Und doch nimmt mich gerade heute unsere Bäckerin zur Seite: „Sag mal, bist du in den Umständen?“, fragt sie. Ich strahle. Sie ist die erste Außenstehende, die mich darauf anspricht und ich könnte nicht stolzer sein.


Bei meiner Frauenärztin sehen wir auf dem Bildschirm zum ersten Mal unser Kind. © Svenja Kretschmer

25.09.2020

Mein Mann und ich sitzen mit Mundschutz und 1,5 Meter Abstand vor meiner Frauenärztin. Es ist Nils erster Besuch bei einem Frauenarzt. Später erzählt er mir, wie surreal die Situation für ihn war: Meine Ärztin sagt bloß „Dann machen Sie sich mal untenrum frei“ und ich verschwinde völlig selbstverständlich in einer Kabine und kehre ohne Hose wieder zurück.

Ich hingegen bin verwundert, dass der Ultraschall, den ich eigentlich wie im Film über den Bauch erwartet hatte, vaginal stattfindet.

Das eigentliche Wunder ist jedoch das, was nun folgt: Auf einem kleinen Bildschirm sehen wir zum ersten Mal unser Baby. Zugegeben, es sieht noch nicht sehr menschlich aus, aber es hat einen richtigen Kopf, Arme, Beine und ein Gehirn. Es hüpft fröhlich umher, sein Herz schlägt deutlich erkennbar und sofort wird es für uns beide noch einmal viel realer: In mir wächst unser Kind. Die ganze Zeit. Es ist in etwa so groß wie eine Weintraube und es weiß schon jetzt ganz intuitiv, was es tun muss, dieses weise und unglaubliche Menschlein in meinem Bauch.

01.10.2020

Ich habe Lust auf Blauschimmelkäse und esse eine ganze Menge davon. Dann wird mir etwas übel und ich denke: Hmm, darf ich überhaupt Blauschimmelkäse essen?
Jetzt mache ich den eigentlich Fehler: Ich googele danach. Bei dem, was das Internet ausspuckt, bekomme ich Panik und rufe meine Schwägerin an.

„Ganz ehrlich, mach dir darüber mal keinen Kopf“, sagt sie. Das beruhigt mich zwar, aber was wirklich hilft ist das, was sie mir danach erzählt: „Das, was du da spürst, das ist die Angst um dein Kind. Du willst alles richtigmachen, darum erreicht dich das überhaupt so. Die Schwangerschaft ist eine Zeit, in der du lernen kannst mit Regeln und Ratschlägen anderer umzugehen und dann deinen eigenen Weg zu finden. Das wirst du auch nach der Geburt brauchen, denn eins ist dir vielleicht noch nicht klar: Diese Angst um dein Baby, die wird danach nicht weniger. Du liebst es eben. Jetzt schon, merkst du das? Denn es ist dein Kind.“ Und in diesem Moment, als ich die Liebe zu meinem Kind spüren kann, ist die Angst zwar noch da, aber ich bin wieder ganz ruhig.


Auch, wenn ich Angst habe - ich spüre die Liebe zu meinem Kind. © Svenja Kretschmer

08.10.2020

Ich weiß schon jetzt nicht mehr, wann wir die Namen für unser Baby eigentlich festgelegt haben. Ich glaube, es war nicht einmal eine Diskussion, sondern eher ein Gespräch von etwa fünf Minuten. Schon vor der Schwangerschaft hatten wir oft über mögliche Namen für unsere Kinder in ferner Zukunft gesprochen und so wussten wir, welche Namen nur einer von uns mochte und welche uns beiden gefielen. Also legten wir es einfach fest, ohne auch nur in einem einzigen Namensbuch zu blättern. Es würde ein Ole oder eine Alva werden. Je nachdem.

Nun sitze auf unserer Couch und suche vergeblich nach Meditationen, bei denen man sich mit dem Baby im Bauch verbinden und mit ihm Kontakt aufnehmen kann, aber ich finde einfach nichts Passendes. Da schließe ich einfach die Augen und spüre in mich hinein.

„Hallo, du“, sage ich und komme mir ein bisschen bescheuert vor. Ich würde das Kleine gern beim Namen nennen, aber kenne das Geschlecht noch nicht. „Bist du Alva?“, frage ich also. Nichts. Natürlich nicht, was hatte ich denn erwartet? „Oder bist du Ole?“, frage ich trotzdem und ich kann es nicht anders beschreiben: In meinem Bauch fängt es plötzlich ganz aufgeregt an zu kribbeln. „Hallo, Ole“, sage ich und auch wenn ich noch nicht weiß, ob mein Gefühl mich trügt oder nicht, so bleibt es doch einer dieser magischen Momente, in denen ich mein Glück nicht fassen kann. Ich bin schwanger und darf all das tatsächlich erleben.

To be continued...

Babybauch © Svenja Kretschmer

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