Antirassistische Kinderbücher

Rassismus gibt es bereits seit langer Zeit. Schon vor hunderten Jahren nutzten die europäischen Kolonialmächte den Rassismus, um die Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents und die Sklaverei zu rechtfertigen und sich trotz ihrer Taten kulturell und moralisch überlegen zu fühlen. Rassistisches Denken ist auch heute noch in der Gesellschaft verankert und beeinflusst alle Menschen auf der Welt. Deshalb ist es wichtig, sich und andere zu dem Thema zu bilden und dagegen anzusteuern. Antirassistische Kinderbücher bieten vor allem für Familien eine erste Anlaufstelle.

Was zeichnet antirassistische Kinderbücher aus?

Einige Bücher beschreiben mit Hilfe fiktionaler Erzählungen Rassismuserfahrungen von Kids of Colour in einer weißen Mehrheitsgesellschaft. Andere machen sich zur Aufgabe, eine diverse Gesellschaft abzubilden und somit allen Kindern Identifikation zu ermöglichen. Es gibt auch viele Sachbücher für jüngere und ältere Kinder, die erklären, was Rassismus überhaupt ist und wie er zustande kommt.

Diese Bücher schlüsseln die vielen Facetten des Rassismus auf. Denn dieser beschränkt sich nicht nur auf Vorurteile und diskriminierende Sprache. Auch kulturelle Aneignung hat häufig einen rassistischen Hintergrund. Darunter versteht man das Kopieren kultureller Errungenschaften wie zum Beispiel Frisuren oder Kleidung rassistisch diskriminierter Gruppen. Viele von Rassismus betroffene Menschen erleben auch strukturelle sowie institutionelle Diskriminierung. Zum Beispiel, wenn Kinder aufgrund ihrer Hautfarbe in der Schule ungerecht behandelt oder People of Colour bei der Wohnungs- und Jobsuche benachteiligt werden.

In diesem Artikel und den folgenden Buchempfehlungen findet ihr Begriffe wie „Schwarz“ in Großschreibung oder „Kids/People of Colour“. Diese Begriffe sind Selbstbezeichnungen von Menschen mit Rassismuserfahrungen und beschreiben nicht die Farbe der Haut, sondern eine gesellschaftspolitische Position und die Lebensrealität von Menschen, die von Rassismus betroffen sind.

Mimis kunterbunte Welt

ab 2 Jahren

In „Mimis kunterbunten Welt“ können schon die kleinsten Kinder gemeinsam mit ihren Eltern die Vielfalt unserer Gesellschaft entdecken und sich selbst wiederfinden. Es ist ein inklusives Wimmelbuch und zeigt Menschen mit verschiedenen Hautfarben, Religionen, Körperformen und sexuellen Orientierungen ebenso wie Menschen in verschiedenen Berufen und Lebenssituationen, mit und ohne Tattoos, Narben und Behinderungen. Das Buch zeichnet das Bild einer Gesellschaft, in der alle friedlich miteinander leben, und bedient dabei keine Vorurteile. Es ist ein wunderbares Buch für alle, die ihren Kindern eine diverse Gesellschaft präsentieren und sich selbst repräsentiert sehen wollen. Mit einer Altersempfehlung von 2 Jahren ist es ein guter Einstieg, um Kindern, die mit Begrifflichkeiten wie „Diskriminierung“ und „Rassismus“ noch nichts anfangen können, Sensibilität und Offenheit beizubringen.

Die Neuen

ab 3 Jahren

In einer Nacht geht ein Boot voller Tiere in der Nähe eines schönen Waldes an Land. Die Tiere auf dem Boot mussten ihre Heimat verlassen, denn eine Dürre machte das Leben dort unmöglich. Als die Tiere den Wald betreten werden sie von den dortigen Bewohnern jedoch nicht freundlich begrüßt. Die einheimischen Tiere nennen sie „Eindringlinge“ und möchten ihren Wald nicht mit den Neuen teilen. Doch plötzlich bricht ein verheerender Waldbrand aus.

Die Geschichte von Susanne Isern hat zwei mögliche Enden. In dem einen werden die einheimischen Tiere durch das Feuer selbst zur Flucht gezwungen, in dem anderen bekämpfen alle Tiere gemeinsam den Brand. Die Geschichte bringt Kindern verständlich und wunderschön illustriert die Themen Migration und Fremdenfeindlichkeit näher und lässt dabei einen wichtigen Gedanken nicht außer Acht: Was, wenn ich irgendwann selbst fliehen muss?

Wenn meine Haare sprechen könnten

ab 4 Jahren

Akoma ist 7 Jahre alt und lebt zusammen mit ihren Eltern in einem kleinen Ort in der Nähe von Hamburg. Sie freut sich riesig, dass ihre Schulklasse an diesem Tag einen Ausflug zum Bauernhof macht. Sie trägt ihre Cowboystiefel und die Haare offen. Doch Akomas Freude wird jäh getrübt, als die Bauernhofbesitzerin ihr ungefragt an die Haare fasst, denn das kann Akoma gar nicht leiden. Das Mädchen ist traurig. Aber sie findet Verständnis in Gesprächen mit ihrer Mutter und ihrer Lehrerin und schmiedet einen Plan.

Ein Buch, dass Kinder ermutigen sollen, ihre Grenzen zu kennen und zu verteidigen – auch gegenüber Erwachsenen. Insbesondere Kids of Colour sollen sich in der Geschichte repräsentiert und wertgeschätzt fühlen. Außerdem lernen die Leser:innen, ob groß oder klein, viel über die Bedeutung von Haaren und Frisuren in der Geschichte Schwarzer Menschen.

Ich bin anders als du – Ich bin wie du: Das große Bilderbuch zum Vor- und Mitlesen

ab 4 Jahren

In diesem bunten Vor- und Mitlesebuch begegnen sich viele Kinder und stellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede fest. Manche spielen Schlagzeug, andere Gitarre. Manche mögen Spagetti, andere Pizza. Hautfarbe und andere Äußerlichkeiten werden zwar illustrativ dargestellt, inhaltlich jedoch gar nicht erst thematisiert. Für die Kinder in dem Buch spielen sie keine Rolle. Das Buch bietet einen spannenden Anstoß, um über Ausgrenzung und Abgrenzung aufgrund von Äußerlichkeiten zu sprechen und zu reflektieren. Sind das wirklich die ausschlaggebenden Unterschiede?

Symbole und Bilder im Text ermöglichen auch kleineren Kindern schon aktives Mitlesen. Leser:innen lernen, dass alle Menschen unterschiedlich sind, verschiedene Hobbies, Fähigkeiten und Geschmäcker haben und, dass man darauf auch stolz sein darf. Das Buch regt Kinder dazu an, über ihre Identität nachzudenken – unabhängig davon, wie sie aussehen.

Steck mal in meiner Haut

ab 5 Jahren (Anm. der Redaktion: Viel Text, womöglich eher ab Grundschulalter)

KIKA-Moderatorin Pia Amofa-Antwi und Journalistin Saskia Hödl haben mit „Steck mal in meiner Haut“ ein überaus informatives und umfangreiches Kindersachbuch geschaffen, welches Kindern helfen soll, Rassismus zu erkennen und in seiner Gesamtheit zu verstehen. Rassismus ist nicht nur die Beleidigung auf dem Schulhof oder ein schiefer Blick im Vorbeilaufen. Rassismus kann strukturell verankert sein und sich in verschiedenen, vermeintlich harmlosen Alltagssituationen zeigen. Auch Kolonialismus und Kulturelle Aneignung sind Themen, mit denen sich dieses Buch auseinandersetzt.

Dabei geht es in dem Buch explizit nicht darum, Menschen außerhalb der Mehrheitsgesellschaft als anders darzustellen, sondern darum, Sensibilität für marginalisierte Gruppen zu fördern und zu erklären, wie es zu Diskriminierung überhaupt kommen kann. Kinder werden darin bestärkt, ihre Grenzen und Rechte zu kennen und für sie einzustehen.

Es ist doch nur Haut

ab 6 Jahren

Gemeinsam mit Epi Dermis, dem Helden dieses reichlich bebilderten und leicht verständlichen Kinderbuchs gehen die Leser:innen auf eine Reise durch die Geschichte der Menschheit. Sie lernen, warum die Haut so wichtig ist und, dass die Menschen ohne sie nur eine Pfütze wären. Und sie lernen auch, wie sich die Haut im Laufe der Menschheitsentwicklung und der Migration der Menschheit gen Norden verändert hat.

Der kleine sympathische Held Epi Dermis zeigt sich während dieser Erzählung in allen Formen und Farben. Und er ist traurig, dass über ihn so viele Lügen verbreitet werden. Denn am Ende ist er doch einfach nur Haut, egal wie er aussieht. In diesem spannenden Buch erklären die Autor:innen wissenschaftlich und doch einfach, wie sich Hautfarbe evolutionär entwickelt hat und nehmen so rassistischen Vorurteilen den Wind aus den Segeln.

Akissi Comicreihe

ab 7 Jahren

Im ivorischen Abidjan lebt die quirlige Akissi gemeinsam mit ihren älteren Geschwistern Fofana und Aya und ihren Eltern. Niemals um einen frechen Spruch oder Streich verlegen erlebt das Mädchen ein verrücktes und spannendes Abenteuer nach dem anderen. Mal in Yopougon, dem lebendigen Stadtteil ihrer Heimatstadt, mal bei ihrer Großmutter auf dem Dorf.

Die Akissi-Comics sind bunt und kurzweilig und zeigen das aufregende Leben eines aufgeweckten Kindes in einer afrikanischen Metropole fern von westlichen Klischees und Stereotypen. In bisher fünf Bänden zeichnen Illustrator Mathieu Sapin und Autorin Marguerite Abouet, die ihre eigene Kindheit in Abidjan verbracht hat, das realistische Bild einer nicht-westlichen Gesellschaft, wie man es in europäischen (Kinder-)Medien eher selten findet.

Rassismus geht uns alle an

ab 8 Jahren

„Rassismus geht uns alle an“ ist ein Buch über Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, über Vielfalt und Ausgrenzung. Begriffe wie „Rassismus“, „Diskriminierung“ und „BIPoC“ werden altersgerecht aufbereitet. Aber auch wie Rassismus entstanden ist, was man unter strukturellem Rassismus versteht und wie Betroffene Rassismus erleben wird in diesem Buch erklärt. Dabei verwenden und erklären die Autor:innen gender- und rassismussensible Sprache und tragen so zu ihrer Normalisierung bei.

Das Buch richtet sich an Kinder ab 8 Jahren, aber auch Eltern und Pädagog:innen sollten einen Blick hinein werfen. Denn selbst wer glaubt, schon viel über Rassismus zu wissen, kann hier noch Einiges lernen. Besonders schön: Der erschwingliche Preis macht das Buch für viele Menschen zugänglich.

Klar bin ich von hier!

ab 8 Jahren

Kurzweilig und niederschwellig erzählt „Klar bin ich von hier“ die Geschichte des neunjährigen Malik, der gerne mit dem Fahrrad zur Schule fährt, sich nichts sehnlicher wünscht als ein Kätzchen und der immer wieder Alltagsrassismus ausgesetzt ist. Manchmal fassen ihm fremde Menschen in die Haare und Mitschüler:innen finden, dass seine Locken doof aussehen. Manchmal fragen ihn die Menschen auch, woher er kommt, oder loben seine Deutschkenntnisse. Das findet Malik sehr verwirrend, denn er mag seine Haare und er kommt aus der Schützenstraße.

Als Leser:in begleitet man Malik durch sein Leben, lernt seine Eltern und Freunde kennen und ist auch dabei, wenn ihm mal wieder das Gefühl gegeben wird, anders zu sein und nicht hierher zu gehören. Ein wunderbares Buch, was zeigt, wie verletzend Alltagsrassismus sein kann – mit Ideen für den Einsatz im Schulunterricht.

Das Buch vom Antirassismus

ab 10 Jahren

„Das Buch vom Antirassismus“ erklärt uns nicht nur den Rassismusbegriff und die dahinterstehende Geschichte, sondern bietet Hilfestellung, um gegen Rassismus aktiv zu werden. In 20 Lektionen erklärt Autorin Tiffany Jewell den Leser:innen, wie sie Rassismus erkennen, verstehen und bekämpfen können. Der New York Times Bestseller zeigt außerdem antirassistische Werkzeuge, Handlungen und Sprache auf und gibt den Leser:innen somit die Verantwortung, aber auch die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden.

Das Buch eignet sich insbesondere für ältere Kinder ab 10 Jahren. Die Texte sind zum Teil recht komplex geschrieben und fordern ein sehr gutes Leseverstehen oder aber die Hilfe einer erwachsenen Person. „Das Buch vom Antirassismus“ eignet sich auch hervorragend für Eltern und pädagogische Fachkräfte, um es gemeinsam mit Kindern zu lesen, denn auch Erwachsene können hier noch etwas lernen.

Good Night Stories for Rebel Girls – 100 Lebensgeschichten Schwarzer Frauen

ab 10 Jahren

© 2021 Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, München

„Good Night Stories for Rebel Girls – 100 Lebensgeschichten Schwarzer Frauen“ erscheint als vierter Band der „Good Night Stories for Rebel Girls“ Reihe und stellt uns mehr als 100 Schwarze Frauen als Heldinnen ihrer eigenen Geschichten vor. Es sind Frauen aus verschiedenen Jahrhunderten, verschiedenen Berufsgruppen und verschiedenen sozialen Hintergründen, die die Welt auf ihre eigene Art und Weise bewegt und vorangebracht haben.

Wie alle Bände der Reihe soll dieses Buch Mädchen und jungen Frauen Heldinnen liefern und sie in ihrer Selbstverwirklichung bestätigen und fördern. Gerade an Schwarzen, weiblichen Vorbildern fehlt es immer noch in den Medien und auch in Lehrplänen hinterlassen mangelnde Repräsentation und Aufarbeitung ein klaffendes Loch. Dieses Buch soll dagegen ansteuern. Kurz und berührend zusammengefasst werden die Geschichten in diesem Buch zu einem Pool inspirierender Erzählungen für Kinder und Erwachsene.