Kolumne
Bewusst essen – bewusst sein
Holger Müller · 27.12.2019
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„Stellt euch vor, da wird vor dem Essen tatsächlich gebetet“, berichtete unsere jüngere Tochter, nachdem sie das erste Mal bei einer neuen Freundin übernachtet hatte. Ich für meinen Teil, recht katholisch aufgewachsen, finde das nicht außergewöhnlich, auch wenn das bei uns in der Familie heute nicht praktiziert wird. Auf die Nachfrage, was das mit ihr gemacht habe, sprach sie: „Na ja, erst einmal ungewohnt, aber ich war mir des Essens mehr bewusst.“
Was eine höchst interessante Aussage ist: des Essens mehr bewusst. Ein Bewusstsein dafür zu haben, was vor einem auf dem Teller liegt. Das erscheint in der Realität von Massentierhaltung, von Fridays for Future, dem Containern und Bio auf allen Kanälen als ein durchaus zeitgemäßer Aspekt. Er passt zudem auch in diese Jahreszeit, kurz vor Weihnachten, wo wir ja immer wieder versuchen, einmal innezuhalten. Um uns auch daran zu erinnern, was tatsächlich gefeiert wird.
Zurück zum Teller-Bewusstsein. Was liegt da auf dem Teller, welchen Ressourcenverbrauch nehmen wir für unser Mahl in Kauf? Wie weit sind unsere Essenszutaten gereist? Himbeeren im Winter – per Flugzeug aus Peru zu uns gekommen. Hätte die Energie nicht sinnvoller verwendet werden können? Wie so oft in unserer Konsumrealität sind wir von solchen Fragen nahezu erschlagen.
Gleichzeitig gibt es einen interessanten Ansatz, den Ressourcenverbrauch des eigenen Essens zu ermitteln. Ausgangspunkt ist der sogenannte Weltacker, der 2.000 m2 pro Erdbewohner und Jahr beträgt. Man kann den eigenen Verbrauch an Ackerfläche anhand der Essenszutaten für ausgewählte Gerichte ermitteln. Dabei kommen interessante Dinge zu Tage: Beispielsweise, dass die Salami auf der Pizza die benötigte Ackerfläche gleich um 40 Prozent ansteigen lässt.
Wer sich des Essens auf dem Teller bewusst werden möchte, kann das beispielsweise mithilfe des Weltacker-Flächenrechners der Zukunftsstiftung Landwirtschaft tun. Außerdem erfahrt ihr dort viel über Herkunft, Nährwert, Anbaubedingungen und die Kalorienzahl eures Essens.
Autor Holger Müller lebt mit Frau und Töchtern in Köln. Als Familie versuchen sie, das komplexe Thema Nachhaltigkeit in ihrem Alltag zu leben. Holger arbeitet als Qualitätsmanager an einer Hochschule und lehrt an der Universität Duisburg-Essen, wie Nachhaltigkeit und Zukunft zu gestalten sind. Im KÄNGURU schreibt er regelmäßig über diese Ideen in seiner Kolumne „Grüner Leben“.
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