Gesellschaft
Sonnenpänz sparen Klimagase schon beim Frühstück
Ursula Katthöfer · 12.04.2022
zurück zur Übersicht© alinademidenkophotos / Canova Pro
In der Küche duftet es nach frischem Brot. Drei Laibe liegen auf dem Tisch, Schweizer, Sonnenkorn und Steinbrot. Oliver Korth, gelernter Koch und in der Bonner Kita Sonnenpänz Herr der Küche, schneidet das Brot in kindgerechte Portionen. Marian steckt den Kopf durch die Tür und fragt: „Was machst Du?“. Der fünfjährige freut sich schon aufs Frühstück, auf frische Paprika, Möhren, Kohlrabi, Gurke und Tomaten. „Und auf Butterbrot“, sagt Marian.
In seiner Kita geht es beim Frühstück nicht nur um gesundes und leckeres Essen. Es soll auch möglichst umweltfreundlich und CO2- reduziert sein. „Wir achten schon beim Einkauf darauf, Bioprodukte mit möglichst kurzen Lieferwegen zu kaufen“, sagt Susanne Treppmann, Leiterin der Kita. Je nach Jahreszeit kommen die Früchte der Saison aus dem Bioladen. Weil der komplette Einkauf im Bioladen zu teuer würde, besorgt das Team auch einige Bioprodukte beim Discounter. „Das Brot bestellen wir beim Bäcker um die Ecke. Eine Kollegin holt es jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad ab.
Milch höchstens aus der Kokosnuss?
Im Restaurant, wie die Kinder ihren Essensraum nennen, stehen drei Tische für jeweils vier bis fünf Kinder. Auf dem vierten Tisch hat Korth das Buffet aufgebaut. „Keine Butter da“, sagt Nico. „Dann hole ich Butter“, antwortet der Koch und verschwindet kurz in der Küche. Sarah, Tristan, Fares, Enzo und Ariana stehen an. Ganz gezielt sucht Ariana sich rote Paprika von einem der drei Teller mit frisch gewürfeltem und geschnitztem Gemüse. „Schön“, findet sie, dass sie ihr Brot selbst schmieren darf. Getränke stehen auf dem Tisch. Das heißt: Ein Getränk steht auf dem Tisch. Wasser aus der Leitung. Der Transport verursacht keine CO2-Emissionen, exotische Früchte müssen nirgendwo dafür angebaut werden. „Saft gibt es bei uns nur zu Festen. Dann fahren wir eine Saftbar auf. Sie ersetzt die Süßigkeiten“, erzählt Treppmann.
Milch? „Gibt es hier gar nicht“, erläutert Tristan. „Aber ich habe zuhause eine Kokosnuß. Da ist Milch drin.“ Die Milch von der Kuh war der Auslöser für den Weg zur CO2-Einsparung bei den Sonnenpänz. Treppmann übernahm die Leitung der neu eröffneten Kita vor etwas über zehn Jahren. „Damals bekamen wir H-Milch, die in kleinen Portionen in Tetrapacks abgepackt war.“ Auch die Stadt Bonn wollte Müll vermeiden und die aufwendige Verpackung gerne loswerden. Doch Biomilch in Literflaschen oder –packungen lässt sich im Kindergarten schlecht kühlen. Sie länger auf einem Tisch im Frühstücksraum stehen zu lassen, widerspricht den Regeln zur Hygiene. Was tun? „Wir haben die Milch abgeschafft“, sagt Treppmann. Damit tut die Kita auch etwas Gutes fürs Klima. Denn Rinder produzieren große Mengen an Methangas, das ungehindert in die Atmosphäre gelangt und noch deutlich klimaschädlicher ist als CO2.
Doch darf man Kindern im Wachstum die Milch vorenthalten? Die Kita-Leiterin: „Als die sogenannte Schulmilch nach dem Zweiten Weltkrieg in Schulen und Kitas eingeführt wurde, war das sehr sinnvoll, weil viele Kinder mangelernährt waren. Doch heute bekommen die meisten Kinder zuhause ausreichend Milch.“ Das sehen offenbar auch die Eltern so. Denn sie waren mit der Entscheidung sehr einverstanden.
Susanne Treppmann - hier mit Walnüssen aus dem Kita-Garten. © Susanne Treppmann
Verwegene Fruchtnektare im Alupäckchen
Die Sonnenpänz bringen morgens keinen Rucksack mit Brotdose und Trinkpäckchen mit. Sie haben gar keinen Rucksack. Das spart jede Menge Verpackung für portionierte Säfte, einzeln verpackte Salamis, Waffeln in Plastik oder milchhaltige Sandwichschnitten in Alufolie. Und wo keine Verpackung produziert wird, entsteht auch kein CO2. Brote, die zuhause möglicherweise schon am Vorabend geschmiert würden, gibt es nicht. Sie wären kaum frischzuhalten. „Bei uns passen ja keine 70 Brotdosen in den Kühlschrank“, sagt Treppmann. Lieber genießen die Kinder die Frische am Frühstücksbuffet.
Bei Ausflügen ist das allerdings eine andere Sache. Dann darf jedes Kind in seinem Rucksack mitbringen, was es möchte. Es tauchen verwegene Dinge wie gesüßter Fruchtnektar im Alupäckchen auf. Verboten ist das nicht. Auch dürfen die Kinder nach dem Frühstück wegwerfen, was sie nicht mehr aufessen können. Bevor sie ihren Teller wegräumen, kippen einige die Reste ihres Frühstücks in die blaue Mülltüte am Ausgang des Restaurants.
Geht das in einer Kita, die Ressourcen schonen möchte? Eine Abwägungssache. „Wir möchten, dass die Kinder lernen, wann sie satt sind“, sagt Kita-Leiterin Treppmann. „Schuldgefühle wollen wir hingegen nicht hervorrufen.“ Ein Blick in den Müllsack zeigt, dass ohnehin nur sehr wenig darin landet.