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Familienleben

Übung macht den Radfahrer

Anja Janßen · 10.06.2015

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iStockPhoto.com © Andrew Richl

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Baustellen und zugeparkte Radwege – im Fahrradklima-Test rangiert Köln auf den hinteren Plätzen. Wie Eltern ihre Kinder an das Radfahren in einer Großstadt heranführen.

Eigentlich müssten wir uns jetzt alle einmal hinknien. Nein, nicht um eine Yoga-Übung auszuprobieren. Vielmehr geht es um einen Perspektivwechsel. Auf den Knien bekommen wir nämlich eine Ahnung davon, wie sich Kinder im Straßenverkehr fühlen. Autos, Fußgänger, Radfahrer, Schilder, Ampeln – es ist gar nicht so einfach, den Überblick zu behalten, wenn alles um Längen größer ist. Manche Städte machen es kleinen Radfahrern auch noch besonders schwer. Was das Fahrrad-Klima angeht rangiert Köln von bundesweit 39 getesteten Städten auf Platz 36. Hier sind zwar viele Radfahrer unterwegs, doch sie bemängeln die Führung durch Baustellen, die Qualität oder Breite der Radwege und Ampelschaltungen. Wie bringen Eltern unter diesen Umständen ihren Kindern am besten das Radfahren bei?

In die Pedale treten – das schaffen zum Teil schon Zweijährige

Dr. Achim Schmidt vom Institut für Natursport und Ökologie an der Sporthochschule Köln betreut wissenschaftliche Rad-Projekte für Kinder. Schmidt, der selbst Radsportler ist und bereits als Sportlehrer an Schulen gearbeitet hat, hat beobachtet: In die Pedale treten und das Gleichgewicht halten – das schaffen bereits Drei-, zum Teil schon Zweijährige. Doch Radfahren bedeutet mehr. Es braucht kognitive Fähigkeiten, um Abstände und Geschwindigkeiten einzuschätzen. Die Kinder müssen lernen, das eigene Verhalten zu kontrollieren und Rücksicht auf andere zu nehmen.

Laufrad statt Stützräder

Erste Erfahrungen sammeln Kinder im Alter von zwei bis drei Jahren heute meistens auf den beliebten Laufrädern ohne Pedale. Die Geschwindigkeit dieser Räder ist nicht zu unterschätzen. Deshalb sollte man Kindern unbedingt einen Helm aufsetzen, um ihren Kopf bei einem Sturz zu schützen. Und Stürze werden und müssen sogar passieren. „Fallen gehört zur Entwicklung dazu“, so Schmidt. „Wenn ein Kind darin keine Erfahrung sammelt, kann es sein, dass es später umso schlimmere Unfälle erlebt.“ Durch Versuch und Irrtum schulen so schon kleine Kinder auf dem Laufrad ihre Koordination. Der Sprung zum Fahrrad mit Pedalen gelingt dann oft innerhalb von Stunden oder sogar Minuten – kaum zu glauben für diejenigen, die in ihrer Kindheit mit Stützrädern gelernt haben.

„Stürzräder“ wäre hier wohl der treffendere Begriff. Kinder gewöhnen sich damit nämlich ein falsches Kurvenfahrverhalten an. In einer Rechtskurve belasten sie das linke Stützrad, in einer Linkskurve ist es genau umgekehrt. Die Kinder legen sich also gegen die Kurve und nicht hinein, wie es auf einem normalen Fahrrad die Regel ist. Das führt zu Problemen, wenn die Hilfsmittel plötzlich fehlen. Fahrradfahren wird dann schnell zum Kampf – eine Erfahrung, die den meisten Kindern heute dank Laufrädern erspart bleibt.

Damit das Radfahren-Lernen auch weiterhin so entspannt abläuft, sollten Eltern ihr Kind nicht vom Laufrad auf das „große“ Kinderrad zwingen. Viele entwickeln im Alter von drei Jahren ganz von selbst ein Interesse daran, manche aber auch später. „Wenn ein Kind anfängt Rad zu fahren und daran Spaß hat, müssen die Eltern auf Regelmäßigkeit achten“, betont Schmidt. Gerade weil sie durch die Laufräder heute so früh damit beginnen, können Kinder die Gefahren noch nicht einschätzen und benötigen viel Übung – sowohl im Bewegungsablauf als auch in ihrem Fahrverhalten. Das können Familien am besten in einem Park, einem Wendehammer, auf einem leeren Parkplatz oder in einer ruhigen Seitenstraße trainieren.

Beginnt das Kind sich selbst zu schützen?

Diese Schonräume sind sozusagen das Nichtschwimmerbecken, in dem die Kinder sich ausprobieren können. Sie sind die Ruhe vor dem Sturm des Stadtverkehrs. Die Meinungen darüber, wann ein Kind verkehrssicher ist, gehen auseinander. Schmidt macht die Verkehrstauglichkeit eines Kindes weniger am Alter, sondern vielmehr an seinem Verhalten fest: „wenn das Kind beginnt, selbstständig Entscheidungen zur eigenen Sicherheit zu treffen“. Wenn der vorbeilaufende Hund im Park zum Beispiel nicht mehr ablenkt, wenn das Kind im Kreis fahren kann, die Bremsen beherrscht und bei Gegenverkehr gezielt ausweicht. Dann können Kinder ihre Eltern bei kleinen Erledigungen im Stadtviertel begleiten. Hier sind die Eltern natürlich Vorbild – das beginnt beim Tragen des Helms und endet beim gemeinsamen Reflektieren von Verkehrssituationen.

Das Problem mit dem Gehweg

Gemeinsam fahren ist für Eltern und Kinder jedoch nicht immer möglich. Laut Gesetz müssen Kinder bis zum achten Lebensjahr auf dem Bürgersteig fahren, bis zum Alter von zehn Jahren ist es ihnen gestattet. Erwachsene zahlen bekanntlich Bußgeld, wenn sie auf dem Gehweg erwischt werden. Das wird für Eltern zum Problem, wenn sie durch Parkstreifen auf der Straße vom Kind getrennt werden und dadurch ihre Aufsichtspflicht nicht mehr wahrnehmen können. Hier spricht sich Schmidt ganz klar für eine Neuregelung aus: „Eltern sollten situationsbedingt auf dem Bürgersteig fahren dürfen.“ Auf besonders brenzligen Straßenabschnitten können Tandem-Stangen entlasten. Mit diesen Vorrichtungen kuppeln Eltern das Kinderrad einfach an das eigene Rad. Und dann kann die Familie es auch wirklich genießen: die frische Luft, die Entspannung und die Freude an der gemeinsamen Bewegung.

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