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Familienleben

Warum Natur für Kinder wichtig ist

Annika Eliane Krause · 17.04.2019

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Einfach mal wieder raus ins Grüne! © Lisa5201 / iStockPhoto.com

Einfach mal wieder raus ins Grüne! © Lisa5201 / iStockPhoto.com

Die Kinder aus Bullerbü lebten in einem kleinen Paradies: lange Sommernächte zwischen Heuballen, Versteckspielen im Kuhstall und Schlittschuhlaufen auf dem See. Und obwohl Lasse dabei ins eiskalte Wasser stürzte, ist es das Zischen der trocknenden Kleidung über dem Ofen und der Geruch heißer Honigmilch, was als heimelige Erinnerung bleibt ...

Unsere Realität sieht anders aus als in der schwedischen Landidylle Anfang des 20. Jahrhunderts: Städte werden immer größer, Brachflächen werden bebaut und die Natur schwindet. Diese Entwicklung führt dazu, dass sich der Aktionsradius der Kinder immer mehr in die eigenen vier Wände verlagert. Weltweit wachsen mehr als die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen in Städten auf und verbringen immer seltener ihre Freizeit im Freien. Dabei ist es ein elementares Grundbedürfnis, in der Natur zu sein und reale Naturerfahrungen zu machen.

Der Bewegungsradius von Kindern wird eingeschränkter

Während der Freiraum in der Natur immer kleiner wird, werden die Möglichkeiten der Beschäftigung im Kinderzimmer und vor Bildschirmen immer größer. Früher war es normal, das Kind mehrere Kilometer zu Fuß zur Schule laufen zu lassen. Eine unbequeme, aber ganz natürliche Situation. Heute werden sie oft mit dem Auto bis zur Schule gefahren, ihr Bewegungsradius zum Spielen wird bis zur nächsten Straßenecke begrenzt. Dabei ist es wichtig für die persönliche Entwicklung, Abenteuer zu erleben, die eigenen Grenzen auszutesten und Angst zu überwinden. Kälte und Hitze empfinden, Bäume erklimmen, Wälder erkunden und spüren, dass ein Insekt „Angst“ hat, wenn man ihm zu nahe kommt – all das führt dazu, dass das Kind sich selbst als Teil der Natur fühlt.

Glaubt man den Zahlen der Deutschen Wildtierstiftung, ist die Hälfte aller vier- bis zwölfjährigen Kinder allerdings noch nie allein auf einen Baum geklettert und fast ein Viertel hat niemals ein freilebendes Tier gesehen. Laut einer von OMO durchgeführten Studie aus dem Jahr 2016 spielen 56 Prozent aller Kinder nicht mal eine Stunde am Tag draußen an der frischen Luft. Das ist weniger Zeit, als Gefängnisinsassen gewährt wird: Sie verbringen täglich im Schnitt zwei Stunden an der frischen Luft beim Hofgang.

Kinder verbringen ihre Freizeit zunehmend digital

Vielleicht wird die Zeit unter freiem Himmel auch erst wertvoll, wenn sie begrenzt ist – denn steht die Tür offen, wird die Freizeit lieber anders genutzt: 85 Prozent der 12- bis 17-Jährigen verbringen laut einer Krankenkassenumfrage nahezu drei Stunden täglich mit WhatsApp, Instagram, Snapchat und Ähnlichem. Schon 2002 hatte eine Studie aus England festgestellt, dass Achtjährige 78 Prozent aller Pokémon-Charaktere unterscheiden können, aber nur 53 Prozent der gewöhnlichen britischen Tierarten.

Wir wollen unsere Kinder schützen und sie perfekt auf das Leben vorbereiten. Aber vielleicht verlieren wir vor lauter gutem Willen den Blick auf das Wesentliche, auf das Natürliche. Wir kutschieren sie im Auto voller Airbags von der Schule zur Nachhilfe und gehen mit ihnen auf eingezäunte Spielplätze. Erfahren sie dabei noch, was das wirklich ist: Leben?

 

Buchtipps rund um das Thema Natur und Tiere

Grüner wird's nicht! – Das Buch für kleine Gärten

Wie lassen sich leere Milchtüten in Blumentöpfe verwandeln? Welche Materialien benötigt man für ein Insektenhotel oder eine Futterstation für Vögel? Und wie sieht eigentlich das Innenleben einer Blume aus? Das Mitmachbuch „Grüner wird’s nicht!“ macht Gärtnern kinderleicht: 15 farbenfroh bebilderte Schritt-für-Schritt- Anleitungen laden dazu ein, sich die Natur nach Hause zu holen.

Von Kirsten Bradley, illustriert von der rumänischen Künstlerin Aitch
Ab 6 Jahren

Die große Käferparade

Ein Buch für kleine Menschen über kleine Tiere. Davey beschäftigt sich in seinem bunten Buch mit den über 400.000 existierenden Käferarten, in denen viele Überraschungen stecken.

Von Owen Davey
Ab 6 Jahren

Raus auf den Balkon

Ein Handbuch zum Mitmachen: Tipps und Tricks rund ums Gärtnern und Rezeptideen für Radieschen, Zitronen, Tomaten, Petersilie und Co.

Von Thierry Heuninck und Aurore Petit
Ab 6 Jahren

 

Naturerfahrung fördert die mentale und soziale Entwicklung von Kindern


© Lisa5201 / iStockPhoto.com

Wir haben mit der Naturpädagogin Andrea Herkenhöner darüber gesprochen, warum die Natur für Kinder so wichtig ist und wie wir sie dafür begeistern können, mehr Zeit draußen zu verbringen. Frau Herkenhöner arbeitet bei dem gemeinnützigen Verein „Natur bewegt“ und bietet Kindern ein erlebnisorientiertes Programm, um mit ihnen die Natur zu entdecken.

Warum ist es wichtig für die kindliche Entwicklung, Zeit im Grünen zu verbringen?

Zeit in der Natur fördert die mentale und soziale Entwicklung – sei es Kreativität, Entdeckerfreude, Konzentration oder Empathie. Das Spielverhalten draußen ist viel interaktiver und aktiver als drinnen. So werden neue Freundschaften geschlossen, Vertrauen gelernt und durch Bewegung Übergewicht vorgebeugt. Die künstliche Umwelt wächst und wächst, wohingegen unser natürliches Umfeld immer weiter schrumpft. Dabei drohen soziale und psychische Defizite, wenn der Naturkontakt fehlt. Es ist wichtig, in der Kindheit Abenteuern zu begegnen und Ängste zu überwinden. So ein Erlebnis kann schon daraus bestehen, einen kleinen Bach zu überqueren. Daran wächst der Charakter, das Selbstbewusstsein und man entwickelt sich zu einem starken Menschen.

Wie oft sollte ich mit meinem Kind hinaus in die Natur gehen?

So oft wie möglich. Wie viel Zeit das ist, hängt von der individuellen Situation in der Familie ab. Aber es kann jede Gelegenheit genutzt werden: Also wie wäre es, mit den Kindern gemeinsam mit dem Fahrrad zur Schule oder zu einer Verabredung zu fahren, anstatt das Auto zu nehmen?

Natur entdecken rund um Köln

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Was tun bei schlechtem Wetter?

Wir gehen mit unseren Gruppen bei jedem Wetter raus, es sei denn, es gibt eine akute Gefahr durch Sturm oder Gewitter. Meiner Meinung nach hat jedes Wetter seinen Reiz, nicht nur blauer Himmel und Sonnenschein. Für Kinder ist es ein Erlebnis, die Gummistiefel anzuziehen und durch Pfützen zu springen. Natürlich kostet es Überwindung, sich bei Schnee oder Regen aufzuraffen, aber als Erwachsener ist die Vorbildfunktion ganz wichtig. Wir müssen unseren Kindern vorleben, dass es draußen spannender ist als auf der Couch zu Hause. Oft wird damit argumentiert, dass es draußen gefährlich sei – sei es durch Verletzungen beim Klettern oder wegen des Straßenverkehrs. Dabei ist aber nicht zu vergessen, dass die meisten Unfälle im Haushalt passieren.

Wie kann ich damit umgehen, wenn mein Kind lieber drinnen bleiben möchte?

Am besten sollte es von klein auf selbstverständlich sein, Zeit draußen zu verbringen. Kinder haben eine natürliche Neugierde und Begeisterungsfähigkeit, die sie von allein nach draußen zieht. Oft sind die Eltern dahinter das Problem, weil sie selbst nicht rausgehen. Sollte das Kind vor dem Fernseher oder Gameboy kleben, kann es helfen, feste Zeiten zu vereinbaren. Sprich, die Zeit für Medien zu begrenzen und gegen Spielzeit draußen einzutauschen. Zudem kann das Spielen draußen durch ein attraktives Angebot verlockender wirken – einen Besuch im Wildpark, Bogenschießen, Fußballspielen … Dabei sollte aber darauf geachtet werden, dass auch die kleinen Highlights nicht übersehen werden.

Oft ist auch ein einfacher Spaziergang im Wald ein großes Abenteuer, weil es so viel zu entdecken gibt. Es ist wichtig, die Natur als Erlebnisraum bewusst wahrzunehmen, auch auf einer kognitiven Ebene. Das heißt, auch Details wie einen Marienkäfer auf einem Blatt, die ersten Blütenknospen im Frühling oder das Vogelgezwitscher zu fokussieren. Auch hier geht es darum, als Eltern ein gutes Vorbild zu sein – also nicht beim Spazieren auf dem Handy rumtippen und Kopfhörer mit Musik aufsetzen, sobald das Haus verlassen wird.

Danke für das Gespräch.

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