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Bildung

E-Piraten: Kinderorchester in Köln-Ehrenfeld

Thea Wittmann · 30.09.2024

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Symbolbild © AnnaStills/Adobe Stock

Symbolbild © AnnaStills/Adobe Stock

Teil eines Orchesters sein – das können Kinder von 8 bis 12 Jahren in der Heliosschule in Ehrenfeld. Mitmachen darf jede:r, die oder der Lust dazu hat – selbst mit wenig Übung oder sogar ganz ohne Vorkenntnisse.

Draußen wirbelt der Herbstwind die Blätter durcheinander. Drinnen herrscht – rein instrumentell – Gewitterstimmung. Wenn die Trompeter:innen in ihre Instrumente pusten, rauscht der Sturmwind. Ein „tsssing“ auf der hohen Saite der Violine, schon zuckt ein Blitz am Himmel. Auf den tiefen Gitarrensaiten rollt der Donner heran. So klingt das Intro zu „Hejo, spann den Wagen an“, improvisiert von den E-Piraten, einem Kinderorchester. „Eins, zwei, los geht’s“, gibt Orchesterleiter Kilian Müller den Takt vor. Erst dann setzt der Bass zum bekannten Kanon ein, anschließend die Melodie. Die E-Piraten sind fünfzehn Kinder zwischen 8 und 12 Jahren, die sich einmal pro Woche zur Orchesterprobe treffen. Trompeten, Klavier, Kontrabass, Violinen und Bratschen sitzen im Halbkreis wie in einem Orchestergraben. Auch ein paar Mütter und Väter spielen mit. Sie unterstützen das Orchester mit Gitarre, Fagott oder Geige, weil sie selbst Spaß am gemeinsamen Musikmachen haben. „Eltern sind bei uns auch herzlich zum Mitmusizieren eingeladen, aber im Vordergrund stehen selbstverständlich die Kinder. Wir freuen uns über zahlreiche weitere Mitspielende“, sagt Kilian Müller.

Unterstützung durch Förderprogramme

Das Angebot ist schulübergreifend. In einem richtigen Orchester zu spielen, das soll für alle zugänglich sein, unabhängig vom Elternhaus, vom Geldbeutel, vom Können. Um allen Kindern Zugang zur Musik zu ermöglichen, gibt es bundesweite Förderprogramme, die die Finanzierung des Unterrichts übernehmen: „Musik für alle!“ vom Bundesmusikverband Chor & Orchester (BMCO) e.V. fördert außerschulische Musikprojekte. „Kultur macht stark“ ist eine Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung für gerechtere Bildungschancen. Denn privater Musikunterricht ist teuer und ein eigenes Musikinstrument sprengt für viele Familien das Budget. Ein Konzertbesuch ist oft nicht drin oder im gemeinsamen Freizeitprogramm nicht vorgesehen.

Freude an Musik im Mittelpunkt

Deshalb kostet Mitmachen bei den E-Piraten nichts. Das „Ehrenfelder Kinderorchester“ ist ein gemeinnütziger Verein. Wer kein eigenes Instrument besitzt, kann eines leihen. Sie stammen aus einem privaten Fundus: „Meine Mutter hatte am Bodensee eine kleine Musikschule. Sie hat Instrumente gesammelt und Geigen restauriert“, erklärt Anke Clasen, eine der Initiator:innen des Projektes. „Beruflich beschäftige ich mich seit Jahren mit sozialer Ungleichheit und Bildungschancen, privat spiele ich Geige. Das hat mich motiviert, beides zu verbinden.“

Laut Orchesterleiter Kilian Müller muss niemand Berührungsängste haben: „Es ist ganz einfach, bei uns mitzumachen. Wenn jemand ein paar Stunden eine Geige in der Hand hatte, klappt das“, sagt er. Der ausgebildete klassische Musiker unterrichtet Kontrabass und E-Bass. Erste Griffe und Techniken an sämtlichen Saiteninstrumenten bringt er den E-Piraten bei. Darüber hinaus ist jedes Instrument willkommen. Im Vordergrund steht die Freude an der Musik, eine Gemeinschaft stiftende Erfahrung. „Mir ist das Miteinander sehr wichtig. Dazu gehört auch, dass alle Kinder vor der Probe noch Zeit haben, zusammen auf dem Schulhof zu rennen und zu spielen“, sagt er.

Kinderlieder und Klassik

Zwei Auftritte hatte das noch junge Ensemble bereits: Im Seniorenzentrum und auf dem Schulhof. Das Repertoire ist altersentsprechend, es umfasst Kinderlieder und Stücke, die zur Jahreszeit passen. Auch Klassisches ist dabei: „In der Halle des Bergkönigs“ von Grieg oder die „Ode an die Freude“, denn die ist unter Streicher:innen sehr beliebt. „Klassik besitzt Strahlkraft und wenn ein Orchester live spielt, ist das ein körperliches Erlebnis“, sagt Kilian Müller. Deshalb machen die E-Piraten auch gemeinsame „Musikausflüge“, zum Beispiel zum Kinderkonzert beim Beethovenfest in Bonn.

Info

Neugierig geworden? Dann schaut einfach vorbei! Die E-Piraten treffen sich montags von 16.45 bis 18.00 Uhr in der Heliosschule, Overbeckstraße 71 in Köln-Ehrenfeld.

Interview: Musik für alle

Der Bundesmusikverband Chor & Orchester e. V. fördert unter dem Titel „Musik für alle“ unterschiedliche Musikprojekte für Kinder und Jugendliche. Geschäftsführer Dr. Stefan Donath erklärt, warum das wichtig ist.

KÄNGURU: Wie hoch ist der Anteil der Kinder, die in einem Chor oder Orchester mitwirken oder die ein Instrument spielen?

Dr. Stefan Donath:
Das Musikinformationszentrum des Deutschen Musikrates hat in einer repräsentativen Umfrage Folgendes herausgefunden: 19 Prozent der Bevölkerung ab 6 Jahre musizieren in ihrer Freizeit, was 14,3 Millionen Menschen entspricht. Knapp die Hälfte der Kinder und Jugendlichen zwischen 6 und 15 Jahren spielt ein Instrument oder singt gemeinschaftlich.

Herr Dr. Donath, musizieren gilt für Kinder als absoluter Entwicklungsmotor. Es soll die (fein)motorische Entwicklung und Aufmerksamkeit fördern, das Gedächtnis trainieren, den Sinn für Muster schulen. Davon abgesehen: Was macht das Musikmachen, ob Gesang oder instrumental, Ihrer Meinung nach so wichtig für Kinder und Jugendliche?

Neben diesen kognitiven Fähigkeiten lernen Kinder und Jugendliche gerade beim gemeinsamen Musizieren vor allem eins: aufeinander Hören, Reagieren, sich abstimmen in einer Gruppe, in der es nicht nur um mich geht. Das sind enorm wichtige soziale Fähigkeiten, die wir brauchen in unserer Gesellschaft und Demokratie. Und sie werden mit der Musik ganz spielerisch erlernt, ebenso wie die Erfahrung von Selbstwirksamkeit: Ich stehe auf einer Bühne, habe eine Stimme oder kann durch mein Zutun andere mit Musik erfreuen. Für die Persönlichkeitsentwicklung kann das eine absolut prägende Erfahrung sein!

„Musik für alle“ soll Kindern und Jugendlichen den Zugang zur Musik erleichtern, die bisher keine oder nur geringe Berührung mit dem Musizieren und Singen haben. Die Angebote werden aus dem Topf der Fördermittel getragen, und der ist natürlich begrenzt. Gelingt es damit, eine Lücke zu schließen?

„Musik für alle!“ hat bereits jetzt so viele Erfolgsgeschichten geschrieben und gerade für junge Menschen aus sozialen Risikolagen neue kulturelle Bildungsangebote geschaffen. Ich würde auf jeden Fall sagen, dass dadurch Kinder und Jugendliche erreicht werden konnten, die sonst durchs Raster fallen. Wir stellen aber auch fest, wie enorm hoch der Bedarf ist. „Musik für alle!“ kann insofern immer nur ergänzen. Ein temporär befristetes Projekt reicht nicht aus, um nachhaltig zu wirken. Deshalb ist es uns ja auch so wichtig, dass hier im Programm mit lokalen Partnern wie Musikschulen oder Zusammenarbeit von Kommunen und Vereinen Kooperationen angestoßen werden, die auf Langfristigkeit setzen, damit Kinder und Jugendliche nicht nur einen Sommer lang zusätzliche musikalische Angebote erhalten, sondern sich dauerhaft musikalisch betätigen können.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Donath!

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