Bewegung
Klettern und Bouldern mit Kindern
Steffen Kutzner · 18.11.2019
zurück zur ÜbersichtKlettern stärkt das Selbstbewusstsein. © Alex Brylov/iStockPhoto
Klettern mit Kids: 5 Expertentipps
Karl-Heinz Kubatschka ist 1. Vorsitzender beim Deutschen Alpenverein, Sektion Rheinland.
KÄNGURU: Ab welchem Alter ist für Kinder der Besuch einer Kletteranlage sinnvoll?
Karl-Heinz Kubatschka: Ab wieviel Jahren können Kinder mit dem Klettern anfangen? Im Prinzip sobald das Kind Lust dazu hat und es sich eigenständig hochziehen und hochklettern kann. Ein drei- bis vierjähriges Kind ist in der Regel soweit motorisch entwickelt, dass es die Voraussetzungen fürs Klettern erfüllt: ein stabiler Gang und Hand-Augen-Koordination. Aber: Das Klettern sollte in dem Alter spielerisch erfolgen! Wünschenswert wäre, dass ein Kind zunächst in der gewohnten und natürlichen Umgebung klettert, wie z.B. an einem Mini-Felsen oder auf einen Baum im Garten oder Wald oder an einer Sprossenwand im Kindergarten. Wenn es sich sicher bewegt und weiter motiviert ist, steht dem Besuch einer Kletteranlage nichts mehr im Wege. Ein gezieltes (Technik-)Training ist frühestens ab dem 6. Lebensjahr zu empfehlen.
Gibt es beim Einstiegsalter unterschiedliche Empfehlungen - Klettern oder Bouldern?
Prinzipiell nicht. Wichtig ist, dass sowohl Klettern als auch Bouldern „altersangepasst“ erfolgt (unter 6 Jahren mehr spielerisch, leichte Routen, nicht zu hoch, kein Leistungsdruck, keine definierten Routen). Beim Bouldern ist eher Maximalkraft gefordert; Gelenke und Sehnen werden etwas mehr beansprucht. Daher sollte nicht zu früh ambitioniert gebouldert werden.
Was für Voraussetzungen müssen Kleinkinder mitbringen?
Spaß und Freude an der Bewegung und natürlich ein eigenes Interesse. Auch muss man schauen, ob das Kind die motorischen Fähigkeiten mit sich bringt, die man zum Klettern braucht.
Welche Fähigkeiten werden bei Kindern durch das Klettern gefördert?
In erster Linie schult das Klettern eine bessere Selbstwahrnehmung - sowohl die körperliche Wahrnehmung als auch die Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und Grenzen. Dadurch wird das Selbstbewusstsein und die eigene Handlungsfähigkeit gestärkt und auch die Frustrationstoleranz trainiert. Sind die Kinder alt genug fürs eigenständige Sichern, wird auch das Verantwortungsbewusstsein, sowie das gegenseitige Vertrauen gefördert.
Wie wichtig ist die Betreuung beim Klettern und Bouldern?
Eine gute und professionelle Begleitung ist wichtig. Da sich Kinder in der Aufregung und Euphorie nicht immer komplett regelkonform verhalten, sollten die Betreuer immer den Überblick behalten und wissen, welches Kind was wo macht.
Klettern mit Kindern in Köln und der Region
>> Indoor Klettern gehen: Boulder- und Kletterhallen in und um Köln
>> Klettern im Freien: Kletterparks in deiner Nähe
© Adobe Stock - Aleksel Potov
Familienerfahrung Klettersport
Lennart ist das erste Mal am Seil geklettert, als er gerade einmal drei Jahre alt war. Er hatte seinen Vater beobachtet, Jonathan Baker, 39 Jahre alt und hauptberuflich Tontechniker. Lennart ist inzwischen fast sieben Jahre alt, begeistert sich aber immer noch für das Klettern. „Es macht ihm großen Spaß und es ist auch eine tolle Sache für die Eltern, wenn die Kinder sich für denselben Sport begeistern können“, erzählt Jonathan Baker, der nebenberuflich Interessierte in einer Kletterhalle in Köln-Chorweiler instruiert. „Wenn er Lust hat, kommt er mit in die Halle. Wir waren auch schon mit der ganzen Familie zum Kletterurlaub in Frankreich. Bewegung ist einfach immer gut.“
Klettern auf Augenhöhe
Auch der 49-jährige Familienvater Matthias Kromer findet es großartig, wie begeistert sein Sohn Leo von der Sportart ist. Die beiden klettern seit drei Jahren zusammen und obwohl Kromer schon 20 Jahre Kletter-Erfahrung hat, kann sich der Achtjährige mit ihm auf Augenhöhe unterhalten. „Beim Klettern stellen sich am Anfang schnell Erfolge ein, und Leo war so begeistert und talentiert, dass wir jetzt schon auf einer gemeinsamen Leistungsebene sind“, erzählt Kromer, der an einem Düsseldorfer Berufskolleg Sport und Sozialpädagogik unterrichtet. Angetan berichtet er über ein Kletterwochenende des Deutschen Alpenvereins im letzten Jahr, das für Vater und Sohn der bisherige Höhepunkt beim Klettern war. Die beiden haben eine sachkundige Anleitung bekommen und konnten eine mehrstündige Tour mitgehen, die sie ohne Hilfe vermutlich nicht geschafft hätten.
Stärkung in vielerlei Hinsicht
Das macht stark – nicht nur körperlich. „Klettern hilft Leo in seinem Selbstkonzept“, bestätigt Kromer. „Es macht ihm klar, dass man durch Üben besser wird und Willensstärke zum Ziel führt. Leo kann auch mit Angst sehr gut umgehen, er verfällt nicht in Panik, wenn er mal nicht weiterweiß, sondern findet konstruktive Lösungen. Und dann ist da natürlich noch die Naturerfahrung, man ist draußen an der frischen Luft, nutzt die Zeit nach dem Klettern vielleicht noch für ein gemeinsames Picknick – das ist nicht nur toll für die Kinder, sondern auch für die Eltern.“
Das Angebot ist vielfältig
Kletterurlaube für Familien werden nicht nur deshalb immer beliebter. Vielseitige Angebote gibt es beispielsweise vom Deutschen Alpenverein oder dem Deutschen Jugendherbergswerk. Dabei geht es nicht nur ums Indoor-Klettern an der Wand, sondern auch outdoor in Hochseilgärten oder am Fels. Wer es erst einmal ausprobieren möchte: Im Frühjahr öffnen auch die Kletterwälder der Region wieder ihre Tore oder besser: Wipfel. Nach den kalten und nassen Monaten zieht es viele Kletter-Begeisterte dann wieder nach draußen, in die freie Natur. Höhenluft geschnuppert?
Im Kölner Alpenverein sind 17.500 Bergbegeisterte in Köln und im Rheinland organisiert. Auf der Homepage des Alpenvereins finden Interessierte ein großes Touren- und Wanderprogramm, Ausbildungskurse, Vergünstigungen auf über 2.000 Hütten in den Alpen und in den Kletter- und Boulderhallen der Region.