Ausflug
Wo die Sieg in den Rhein fließt
Benjamin Stapf · 31.08.2022
zurück zur ÜbersichtAutor Benjamin Stapf erkundet regelmäßig mit seinen Kindern spannende Ausflugsziele in der Region. © Benjamin Stapf.
Die Sommerferien sind vorbei und der Alltag versucht mit ganzer Kraft, unsere aufgeladenen Batterien schneller auszusaugen als uns lieb ist. Joshua, unser Sohn Nummer 2, ist nun auch Schulkind und wir merken wieder sehr deutlich, wie die Zeit vergeht. Wir – das sind unsere Kids Janosch (8), Joshi (6) und Hannah (fast 4 – das ist ganz wichtig). Auf der Suche nach Ausflugszielen kommen mir so manche Orte aus meiner Kindheit in den Sinn und ich möchte ausprobieren, ob sich die Faszination und das abenteuerliche Gefühl, das ich damals bei den Ausflügen mit meinen Eltern verspürt habe, auch auf unsere Kids übertragen lässt. Die Kinder helfen mir dabei, die Welt weniger mit meinen oft sachlichen Erwachsenenaugen und mehr mit verspielten Kinderaugen zu sehen.
Die Siegmündung
Wir hatten eine nervige Woche und es ist immer noch viel zu tun, aber wir beschließen spontan, für ein paar Stunden einen Ausflug zu machen. Ich habe da eine Idee. Unser Ausflugsziel befindet sich fast noch in Köln, würden die einen sagen. Korrekt ist aber, dass an der Siegmündung die Stadtgrenzen von Niederkassel, Troisdorf und Bonn aneinanderstoßen. Ich kann mich noch daran erinnern, als wie wunderbar ich es als Kind empfand zu sehen, wie ein Fluss in den nächsten fließt und dann irgendwann ins Meer. Ob das heute noch genauso sein wird und ob Janosch, Joshi und Hannah das auch so sehen, lässt mich gespannt werden.
Kaum am Wanderparkplatz angekommen, sind Bennis Jungs schon in die Natur eingetaucht. © Benjamin Stapf
Wir parken auf dem Wanderparkplatz „Bergstraße“ und die Kinder springen sofort aus dem Auto. „Trauerweiden! Mega zum Verstecken!“ brüllt Janosch und verschwindet samt Geschwistern hinter einem grünen Vorhang aus Blättern. Meinen „Passt bitte auf, wenn ihr die Autotür aufmacht“-Spruch hätte ich mir auch sparen können. Es ist ein wirklich toller Parkplatz. Direkt angrenzend befinden wir uns in einer parkähnlichen Landschaft. Die offene Rasenfläche lädt zum Toben ein, die Trauerweiden sind prima Schattenspender und Verstecke, es gibt Sitzmöglichkeiten und Mülleimer. Ob wir überhaupt weitergehen müssen? Da saust auch schon Joshi an und fragt, wo es denn zum Wasser geht. Wir machen uns auf den Weg, mit dem Versprechen, auf dem Rückweg noch einmal an den Bäumen Verstecken zu spielen.
Wir gehen Richtung Süden und halten uns nach der Unterführung direkt rechts. Wir folgen dem Wanderweg, der parallel zur L 269 angelegt ist, für etwa 800 Meter. Links von uns liegt der „Oberste Fahr“, ein Seitenarm der Sieg. Das Mündungsgebiet der Sieg gehört zu den wenigen naturbelassenen Mündungen am Rhein. Vorbei an riesigen Haselsträuchern und einem wirklich abenteuerlichen Amphibienschutzgebiet geht es weiter Richtung Wasser. Wir halten uns auf dem Weg links und erblicken rechts auf dem Seitenarm „Diescholl“ ein altes Fischerboot. Hannah schaut zweifelnd und glaubt noch nicht daran, bald den Rhein zu erblicken.
Urlaub für die Augen
Erfrischung an einem warmen Tag: Im seichten Wasser der Sieg kühlen die Jungs sich ab. © Benjamin Stapf
Nach einer kleinen alten Holzbrücke, die es zu überqueren gilt, haben wir das ganze Panorama der Siegmündung mitsamt Rhein direkt vor uns. Wir haben Glück mit dem Wetter. Die Sonne scheint und der blaue Himmel und die Bäume, deren grüne und gelbe Blätter sich leicht im Wind wiegen, geben uns ein schönes leichtes Urlaubsgefühl. Es ist warm und wir haben mit den Kindern besprochen, dass wir nicht in den Rhein gehen. Das ist tatsächlich lebensgefährlich. Nun hat die Sieg auch stark Niedrigwasser und kaum Strömung, sodass wir uns entspannt an den Rand ins seichte, badewannenwarme Wasser setzen können und planschen. Der Rhein ist weit genug entfernt, aber gut zu beobachten, genauso wie die Frachtschiffe, die langsam den großen Fluss hinaufund hinuntertuckern. Nun begreift auch Hannah den Zusammenhang mit dem Fischerboot und nickt.
Versteckte Schätze
Die Trockenheit und das niedrige Wasser sind erschreckend anzusehen und wir möchten nicht wissen, in welche Extreme sich unser Klima in den nächsten Jahren noch entwickelt. Fakt ist, dass wir heute durch die Sieg spazieren können und uns das Wasser nur bis zu den Knien geht. Die Kinder sind im Entdeckermodus und stapeln tonnenweise Steine, die nach Größe und Farbe sortiert werden. Ich weiß jetzt schon, wer die Schätze später alle zum Auto befördern darf. Wir einigen uns darauf, dass jeder seine zwei schönsten Steine mit nach Hause nehmen darf. Das gilt auch für uns Erwachsene. Ich kann gar nicht zum Ausdruck bringen, wie wohlig mir wird, unsere Kinder so friedlich und konzentriert miteinander spielen zu sehen. Der warme Wind weht mir durch die Haare und ich muss grinsen. So nah an zu Hause und doch so weit weg. Ein wunderbarer Ort.
Das Ufer der Sieg eignet sich hervorragend, um kleine Schätze aus Stein zu finden. © Benjamin Stapf
Auch die 1,2 Kilometer zurück zum Wanderparkplatz sind kein Problem, denn die Kinder wollten sich noch einmal an die riesigen Haselsträucher stellen. Von uns aus gerne. So ist die Motivation, zügig zurückzukommen, doch um einiges größer. Zurück am Parkplatz war die Motivation, Verstecken zu spielen, dann aber nicht mehr so groß. Der Gedanke, auf dem Rückweg im Auto bei einem Hörspiel etwas zu schlummern, schien bei allen Kindern zu überwiegen. Das kommt tatsächlich nicht so häufig vor. Ein schöner Nachmittag geht zu Ende und wir planen, die Siegmündung zeitnah erneut zu besuchen.
Einfach und entspannt
Diesen Ausflug kann man sehr gut mit nicht so wanderfreudigen Familienmitgliedern bestreiten. Der gute Kilometer ist ebenerdig und kann gut zu Fuß, mit dem Laufrad, Fahrrad, Kinderwagen oder Rollstuhl begangen oder befahren werden. Es gibt die ganze Zeit Wunderbares am Wegesrand zu bestaunen. Das Gelände am Parkplatz sowie an der Siegmündung ist weitläufig und auch bei stärkerem Wochenendverkehr bleibt noch genug Platz für die eigene Familie.
Was nehmen wir mit?
Wir haben als Standardausrüstung immer etwas zu essen, Wasser, Taschentücher, Pflaster und ein Messer dabei. Diesmal haben wir die Kinder vor dem Ausflug gut eingecremt, denn auch die späte Augustsonne hat noch gut Kraft. Gerade bei Ausflügen ans Wasser sollte man die sensible Kinderhaut besonders pflegen. Auch eine Cap oder ein Hut sind nicht verkehrt. Oft empfiehlt es sich, den Kids eigene Rucksäcke mitzugeben, besonders für die gefundenen Schätze oder die eigene Trinkflasche. Wichtig ist nur, dass die Rucksäcke passen und nicht zu vollgeladen werden. Auch sollte im Rucksack immer noch Platz für den angefallenen Müll sein, denn den lassen wir natürlich niemals in der Natur liegen.
Anreise
Mit dem Auto aus Köln
Auf die B55a nach A3/A4 Flughafen/Köln Messe, dann Ausfahrt A3 Flughafen/A4 Frankfurt a.M. Später an der Gabelung links halten auf A59 und bei Ausfahrt 37 Spich runter. Rechts halten Richtung Siegelar und nach dem Kreisverkehr geradeaus auf Kriegsdorferstraße bleiben. Nächster Kreisverkehr rechts ab und nach 650 Metern links auf Zum Kalkofen. Dann links auf Paul-Schürmann-Platz und geradeaus auf der Bergstraße. Am Ende befindet sich der Wanderparkplatz „Bergstraße“.
Mit Bus und Bahn
S 19 bis Troisdorf und dann mit dem Bus Linie 501 nach Troisdorf Bergheim Kirche. Dann zu Fuß ca. 450 Meter bis zum Wanderparkplatz „Bergstraße“.
Benjamin Stapf lebt und arbeitet mit seiner Frau seit 2013 im „Naturfreundehaus Hardt“ in Bergisch Gladbach. Er ist staatlich geprüfter Heimerzieher und Erlebnispädagoge. Der gebürtige Kölner leitet die pädagogische Arbeit von Kinder- und Jugendgruppen über Klassenfahrten mit Schwerpunkt Natur begreifen bis hin zu den beliebten Sommercamps mit Zeltlager im Wald. Am liebsten schläft der dreifache Familienvater mit seinen Kids unter freiem Himmel.
KÄNGURU hat einen Podcast mit Benjamin Stapf zum Thema Naturerlebnisse mit Kindern gemacht: