Ausflug
Schildkröten in den Kölner Weihern – Ein Mikroabenteuer für Familien
Text und Foto: Sven von Loga · 18.10.2022
zurück zur ÜbersichtEine solche Spezies sind die Schildkröten. Sie leben in jedem Kölner Weiher, sei es mitten in der Stadt im Aachener Weiher, im Stadtwaldweiher, im Volksgarten oder im Decksteiner Weiher.
Meist sitzen in den Weihern Schildkröten, die aus der Mississippi-Region Nordamerikas stammen. Diese Gegend ist deutlich wärmer als Köln und für Wasserschildkröten viel besser geeignet. Insbesondere Rotwangenschmuckschildkröten sind in den Seen oft zu finden. Sie werden in Zoohandlungen als wenige Zentimeter große, süße Schildkrötenkinder für das Terrarium verkauft. Doch sie bleiben nicht klein. Schildkröten werden bis zu 20 cm groß und passen nicht mehr in das Bassin – die Besitzer:innen setzen sie dann in einem naheliegenden Gewässer aus. Oft sind Schildkröten ihren Besitzer:innen auch zu lästig, da sie uralt werden können. Auch dann müssen sie raus in einen Kölner Teich.
Warum überleben Schildkröten in Köln?
Aber ganz offensichtlich finden die nordamerikanischen Schildkrötenarten in Köln eine Heimat, in der sie sich wohlfühlen. Es gibt in NRW sogar Teiche, in denen sie Eier gelegt haben, wenn aus diesen auch kein Nachwuchs geschlüpft ist. Doch der Klimawandel, der es in Deutschland immer wärmer werden lässt, mag dies bald ändern. In absehbarer Zeit können wir in Kölner Gewässern möglicherweise mit Schildkröten-Nachwuchs rechnen. Gegen den Frost, der in Deutschland Gewässer zu Eisflächen verwandelt, sind die nordamerikanischen Arten nicht gewappnet. Ein kalter Winter würde sehr viele von ihnen erfrieren lassen. Da diese kalten Winter in Köln und der Kölner Bucht aber seit langem fehlen, leben viele Schildkröten seit etlichen Jahren hier und werden – sofern nicht wieder ein richtiger Winter kommt – auch hier alt.
Amphibien werden durch Schildkröten gefährdet
Im Grunde sind Kölner Weiher für diese Schildkröten ein Paradies, sie sind voll mit Nahrung. Feinde haben die Schildkröten in Deutschland nicht. Jedoch wird das zu einem Problem: Die nordamerikanischen Wasserschildkröten fressen in den Kölner Weihern Amphibien, Lebewesen wie Kaulquappen, Frösche, Kröten und Molche oder Libellenlarven, die unter Schutz stehen und auf keinen Fall gefressen werden sollen. Auch, wenn bisher keine Gefährdung der Arten von Libellen und Amphibien bekannt geworden ist, wäre es besser, die Schildkröten den Weihern zu entnehmen, was aber nicht passiert.
Was kann man dagegen tun?
Die Schildkröten einzufangen und aus den Kölner Gewässern auszusiedeln, gestaltet sich schwer. Einerseits verschwinden sie blitzschnell unter Wasser, wenn ihnen ein Mensch zu nahekommt, andererseits weiß niemand, wohin mit den eingefangenen Schildkröten. Da sie bis zu 50 Jahre alt werden, können die Kölner Tierheime sie nicht aufnehmen. Die Reptilien sitzen dann im Tierheim und dürfen nicht weitergegen werden. Und die Schildkröten zu töten, kommt nicht in Frage, darüber hinaus verbietet dies der Tierschutz.
So wird das Problem der invasiven Schildkröten in den Kölner Weihern bestehen bleiben und es bleibt zu hoffen, dass nicht weitere Schildkröten in den Seen ausgesetzt werden, was unter Umständen zur Zerstörung ganzer Ökosysteme führen kann.
Immer mehr Schildkrötenarten in Kölner Seen
In den Kölner Gewässern Bachschildkröten auf, die über 20 cm groß werden können. Von Natur aus ist die Art in Südeuropa, im Mittelmeerraum, in Nordafrika und Westafrika verbreitet. Sie sind gute Schwimmer und so war es vermutlich die Kaspische Bachschildkröte, die im Lindenthaler Rautenstrauchgraben gesichtet wurde und die in Südosteuropa, Griechenland und der Türkei zuhause ist.
Auch kam es schon vor, dass Schnappschildkröten ausgesetzt wurden, was gefährlich sein kann, denn mit ihren sehr scharfen Kiefern können sie beim Menschen böse Verletzungen hervorrufen.
Wer leider fehlt, ist die Europäische Sumpfschildkröte, die in ganz Deutschland überwiegend ausgerottet und nur noch sehr selten zu finden ist. Wahrscheinlich wurde sie so stark dezimiert, weil sie damals als Leckerbissen für den Menschen galt. So wie der Biber einst nahezu komplett verschwand, weil er als im Wasser lebendes Tier als Fisch betrachtet wurde und deshalb in der katholischen Fastenzeit verspeist werden durfte, so wurde auch mit dem Verzehr der Europäischen Sumpfschildkröte das Fastengebot umgangen. Darüber hinaus spielte die Zerstörung der Lebensräume eine Rolle bei der Ausrottung der beiden Arten.
Schildkröten - Beobachtung
Trotz aller Probleme für Fauna- und Ökosysteme ist die Beobachtung von Schildkröten in der freien Natur ein kleines Schönwetterabenteuer und deshalb auch für den gemütlichen Familienausflug gut geeignet. Wenn es richtig schön warm ist und die Sonne scheint, dann kommen die Schildkröten raus und sitzen am Ufer, auf Steinen und auf im Wasser liegenden Baumstämmen. Manchmal sind sie erst auf den zweiten Blick zu erkennen.
Zu empfehlen ist, mit einem Fernglas auf Tour zu gehen und ein Teleobjektiv zum Fotografieren zu verwenden. Umrundet langsam und gemütlich das Gewässer und behaltet die typischen Stellen im Auge, an den Schildkröten sich oft sonnen. Wenn ihr welche gefunden habt und diese nicht weit vom Ufer entfernt sind, ist es am besten, möglichst still sein und sich ihnen nicht zu sehr nähern. Denn wenn Schildkröten an Land auch sehr behäbig erscheinen, im Wasser sind sie flink. Ihren Sonnenplatz verlassen sie sprunghaft, wenn sie sich gestört fühlen.
Besonders reizvoll ist die Szenerie am Weiher im Mediapark. Auch in abgelegenen Weihern und Seen im Königsforst, in der Wahner Heide oder in Dünnwald sitzen Schildkröten genüsslich in der Sonne, sie sind an jedem der künstlichen Kölner Gewässer zu finden. Am besten kann man Schildkröten an warmen, sonnigen Tagen antreffen, denn Schildkröten sind wechselwarme Tiere (wie auch Eidechsen, Schlangen und Krokodile). Sie brauchen Wärme für ihren Stoffwechsel, ihr Körper kann diese Wärme nicht selbst produzieren. Deshalb sitzen sie gerne stundenlang in der Sonne und genießen die Wärme.
Sven von Loga leitet seit vielen Jahren GeoExkursionen im Rheinland. Er ist zertifizierter Natur-und Landschaftsführer und hat bereits einige Wanderbücher geschrieben, in denen er seine Leserinnen und Leser mit zu seinen Lieblingsorten in der Natur nimmt. Auch verschiedene GeoExkursionsführer mit spannenden Abenteuer-Touren speziell für Familien in die Vulkaneifel, die Nordeifel und ins nördliche Rheinland sind dabei.
KÄNGURU hat mit Sven von Loga einen Podcast zum Thema Geocaching aufgenommen: