Ausflug
Nachts, wenn die Erdkröte kommt – Tierische Exkursion für Familien
Sven von Loga · 08.03.2023
zurück zur ÜbersichtErdkröten sind nach Einbruch der Dunkelheit unterwegs. © Sven von Loga
Alle Jahre wieder gibt es etwa Ende Februar oder auch erst im März ein faszinierendes Naturspektakel, wenn die Erdkröten aus der Winterruhe erwachen und sich auf den Weg zu ihren Laichgewässern machen. Es kommt dann nicht etwa die ein oder andere Kröte, nein: Wie auf ein unhörbares Kommando machen sich Hunderte, manchmal Tausende Erdkröten fast gleichzeitig auf den Weg zu ihrem Teich, in dem sie selbst geboren wurden und in dem auch sie ihre Eier ablegen wollen.
Der Zeitpunkt für dieses Ereignis ist variabel und kann um ein paar Wochen schwanken, abhängig von der Temperatur. Ein paar Nächte lang muss es nach dem Winter etwa 10°C warm sein, dann weiß die Erdkröte, dass der Winter vorbei ist, und macht sich auf den Weg. Die Erdkröten, die irgendwo in einem feuchten Wald tief im Laub, unter Geäst, vermoderndem Holz und unter Steinen ihre Winterruhe gehalten haben, brechen auf und machen sich auf eine bis zu drei Kilometer lange Wanderung zu ihrem Laichgewässer. Ein paar Tage lang kommen immer wieder neue Kröten nach und verlassen ihre Erdlöcher, dann sind sie alle da. Zuerst spurten die Männchen los, die kleiner als die Weibchen sind. Sie wollen zuerst am Gewässer sein und dort auf die Weibchen warten, um sich dann mit ihnen zu paaren. Wer zuerst da ist, hat die besten Chancen auf ein Weibchen.
Erdkröten sind nachtaktiv. Erst nach Einbruch der Dunkelheit sind sie unterwegs und die Nacht sollte warm und feucht sein. Am nächsten Morgen sitzt dann im Laichgewässer der ganze Uferbereich voll. Überall paddelt es umher, seltsame Laute schallen aus dem Teich und in den nächsten Nächten kommen immer mehr Kröten.
Die Erdkröte unterwegs
Ganz nah dran – Autor Sven von Loga hat keine Berührungsängste. © Sven von Loga
Erdkröten sind ideal für die Naturbeobachtung. Sie sind langsam und behäbig und sie können einfach nicht schnell weg. Selbst wenn sie Gefahr bemerken, bleiben sie noch unbeweglich sitzen. Leider wird diese Langsamkeit den Kröten oftmals zum Verhängnis. Auf Straßen sterben sie zu Hunderten. Wenn der Weg aus ihrem Wald zu ihrem Laichgebiet über eine Autostraße führt, haben viele keine Überlebenschance. Bis sie die Straße überquert haben, sind so viele Autos an ihnen vorbei oder über sie hinweggerauscht, dass die Straße voller Leichen ist. Diejenigen, die nicht überfahren werden, werden vielleicht vom starken Luftzug eines schnell fahrenden Autos erfasst und mitgerissen.
An vielen Stellen werden deshalb von Naturschützer:innen vor Beginn der Wanderung Krötenzäune aufgestellt, die verhindern, dass die Tiere über die Straße krabbeln. Den Zaun überwinden können sie nicht. Sie krabbeln am Kunststoffzaun entlang und fallen in einen Eimer, aus dem sie nicht mehr hinauskönnen. Am nächsten Tag kommen Menschen, tragen sie in diesem Eimer über die Straße und sie können den Weg zum Laichgewässer ungestört fortsetzen.
Wenn ihr mithelfen möchtet, Erdkröten zu retten, könnt ihr euch an die Kölner Geschäftsstelle des NABU wenden. Wer Kröten beim Überqueren einer Straße oder eines Fahrweges beobachtet, kann auch einfach selbst zugreifen und sie über die Straße tragen. Wer sie nicht anfassen mag, zieht einfach einen dünnen Einmalhandschuh über.
Die nächste Generation Erdkröten
Irgendwann sind die Erdkröten dann hoffentlich wohlbehalten in ihrem Laichgewässer angekommen. An nackten glatten Uferwänden werden sie nicht zu finden sein, wohl aber an Uferstellen, an denen Äste oder Gestrüpp im Wasser liegen. Dort nämlich befestigen die Krötenweibchen ihre Laichschnüre. Kröten legen ihre Eier in langen Schnüren mit vielen kleinen schwarzen Kügelchen – den Eiern – ab. Dabei sitzt ein kleineres Männchen auf dem Rücken der Krötendame und besamt die Eier direkt, wenn die Laichschnur aus dem Weibchen kommt. Zwei bis fünf Meter lang sind die Laichschnüre der Erdkröte. 2000 bis 6000 Eier sind darin. Nach zwei bis fünf Wochen schlüpfen die Kaulquappen, die sich nach zwei bis drei Monaten in ausgewachsene, bis zu einem Zentimeter große Erdkröten verwandeln.
Die Männchen klammern sich an die größeren, weiblichen Kröten. © Sven von Loga
Machen wir uns also auf zur Krötenbeobachtung. Wer sie in Bewegung erleben möchte, muss das nachts tun und auf dem Weg schauen, ob dort Kröten unterwegs sind. Auf dem Weg zum Ufer sitzen dann schon hochaufgerichtet kleine Männchen, die schauen, ob denn endlich die Weibchen kommen. Diese haben es oft nicht leicht, denn auf ihrem Rücken sitzt meist bereits ein Männchen, das sich von ihnen zum Laichgewässer tragen lässt. Der faule Kerl will sich seines Weibchens sicher sein und lässt es nicht mehr los, bis er ihren Laich befruchtet hat. Die Männchen sind in dieser Zeit vollkommen aus dem Häuschen und klammern sich an alles, was ein Weibchen sein könnte. Das kann auch ein Stück alter Schuh oder ein Tennisball sein, aber auch eine menschliche Hand. Weil es oftmals mehr Männchen als Weibchen gibt, klammern sich im Weiher dann manchmal mehrere Männchen an ein Weibchen. Bei der Paarung sind die Erdkröten auch tagaktiv. Um sie dabei zu beobachten, müssen wir also nicht nachts am Gewässer sitzen.
Wo können wir Erdkröten beobachten?
Der ideale Lebensraum ist ein feuchter Wald mit viel Totholz, umgefallenen Bäumen wie auch mit Laub und Moos am Boden, in das sich die Kröten einwühlen können. In Köln laichen Erdkröten im Decksteiner Weiher. Vorher überqueren sie die Berrenrather Straße und werden hier hoffentlich von einem Krötenzaun aufgehalten. Auch auf der alten Gleueler Landstraße beim Haus am See kommen sie aus dem Wald und machen sich auf den Weg zum Decksteiner Weiher. Gelaicht wird auch am Adenauerweiher in Köln-Müngersdorf. In Köln-Dünnwald am Hornpottweg wird ein Krötenzaun aufgestellt, da auch hier viele Erdkröten die Straße überqueren wollen.
Die Erdkröten können auch tagsüber beobachtet werden. © Sven von Loga
Viele der Villeseen rund um Hürth und Brühl sind Lebensräume von Erdkröten. Im Geisterbusch in der Wahner Heide sind ebenfalls Erdkröten unterwegs. Bei Troisdorf- Spich ist die Hasbacher Straße während der Krötenwanderung des Nachts für den Autoverkehr gesperrt. Im Worringer Bruch im Kölner Norden laichen ebenfalls Erdkröten. Einen sehr langen Krötenzaun finden wir an der Straße am Westufer des Laacher Sees bei Mendig in der Vulkaneifel und im Siebengebirge überqueren die Erdkröten die Straße hoch auf den Ennert auf dem Weg zum Dornheckensee. Diese Aufzählung lässt sich fortsetzen. Vielleicht habt ihr in eurer Nähe ja auch einen Krötenwanderweg. Haltet doch mal die Augen auf.
Tipp
Natürlich lassen sich Erdkröten nicht nur jetzt zur Krötenwanderung beobachten. Aus dem Laich kommen Kaulquappen, aus denen irgendwann kleine Kröten werden, die sich wieder auf den Weg in den Wald machen. Regelmäßig neue Informationen über Kröten, Frösche und Molche gibt es im Blog des Autors.
Autor Sven von Loga freut sich über Beobachtungsmeldungen. Schickt ihm E-Mails, gerne auch mit Fotos, wenn ihr Kröten, Frösche, Molche und Salamander beobachtet, damit er mit seiner Fotoausrüstung vorbeikommen kann.
Sven von Loga leitet seit vielen Jahren GeoExkursionen im Rheinland. Er ist zertifizierter Natur-und Landschaftsführer und hat bereits einige Wanderbücher geschrieben, in denen er seine Leserinnen und Leser mit zu seinen Lieblingsorten in der Natur nimmt. Auch verschiedene GeoExkursionsführer mit spannenden Abenteuer-Touren speziell für Familien in die Vulkaneifel, die Nordeifel und ins nördliche Rheinland sind dabei.
KÄNGURU hat mit Sven von Loga einen Podcast zum Thema Geocaching aufgenommen: