Ausflug
„Krähe und Bär“
Rebecca Ramlow · 10.04.2019
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Schrei nach Freiheit
Wir sprechen ständig von Freiheit. In der Schule ist „schulfrei“ das höchste Gut für Kinder. In demokratischen Gesellschaften ist Freiheit aufgrund von Zeiten unschöner Unfreiheit durch durchgeknallte Diktatoren ein Gesetz. Denoch gibt es noch immer Orte, an denen Menschen in Unfreiheit leben. Auch heute. Im Jahr 2019. Gleichzeitig fühlen sich manche Menschen vermeintlich besser, wenn sie in sicheren, abgeschotteten Räumen leben. Zeit, sich diesem vielschichtigen Thema zu widmen.
Menschen, die auf Tiere starren
Und was würde sich besser eignen, als eingeferchte Zootiere zu zeigen und diese einem Wettstreit um die Freiheit auszuliefern? Der Bär im Comedia Theater (gespielt von Alexander Stirnberg) sieht jedoch nicht ganz so bärig aus. Mit seiner Goldkette ähnelt er eher einem menschlichen Proll. Auch trägt er gar kein Fell. Makabererweise ziert seines stattdessen einen Stuhl. So fährt der Bär, der auf minimalstem Lebensraum eingesperrt ist, auf jenem stoisch hin und her, sich darüber beschwerend, dass die Besucher ihn doof anglotzen. Zwangsweise ist er ist zu einem vermenschlichten Stubenhocker mutiert.
Die Rollschuh fahrende Krähe (Faris Yüzbaşioğlu) findet indessen nichts zu essen, weil ihr alle anderen Tiere das Futter wegfressen. Ihre Fähigkeit zu fliegen – ein Symbol für die Freiheit – ist zu einer hastigen Futtersuche verkümmert. Statt „vogelfrei“ ist sie eingesperrt. Trotz der Härte des Themas drückt Regisseur Rüdiger Pape nicht auf die Tränendrüse. Im Gegenteil: Obgleich sie unfrei sind, machen Krähe und Bär stets Witze, die das Stück tierisch lustig werden lassen. Und so gehen Lachen und Nachdenken hier unbemerkt Hand in Hand, denn: Wer war nicht schon mal in einem Zoo und hat auf Tiere gestarrt? Oder – schlimmer noch – mit dem nackten Finger auf diese gezeigt? Im Comedia Theater wendet sich allerdings das Blatt: Hier lästern Bär und Krähe über die doofen Menschen, die niemals nackt und dafür immer so dämlich laut sind.
Wem gehört die Freiheit?
Auf Augenhöhe mit den Kindern stellt das Stück die Frage: Ist Freiheit gerecht verteilt? Wem gehört sie eigentlich? Den Menschen? Den Tieren? Oder der mies gelaunten Zoowärterin, die die Krähe rassistisch mit den Worten „Geh zurück dorthin, wo du hergekommen bist!“ beschimpft? Und: Endet Freiheit am Recht des Stärkeren?
Irgendwannn überkommt den Bären, der noch nie in seinem Leben verreist ist, massives Fernweh. Aus den einstigen Fressfeinden werden tierische Freunde. Aus freien Stücken heraus will die Krähe dem Bären ein Stück Freiheit schenken, damit jener glücklich wird. Schließlich kann sie den Bären tatsächlich befreien. Die einstige Zoowärterin hingegen, die sich ironischerweise in der Zwischenzeit in eine Ratte mit ausländischem Akzent verwandelt hat, bleibt in einer Mülltonne gefangen.
Das Stück „Krähe und Bär“ zeigt, wie facettenreich Freiheit und Unfreiheit sind, und dass Kinder sehr wohl mit diesen Begriffen etwas anfangen können. Vorausgesetzt, man akzeptiert sie als autarke Wesen.
Comedia Theater
Vondelstraße 4-8
50677 Köln
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