Ausflug
Karibikfeeling an der Wahnbachtalsperre
Text und Fotos: Janina Mogendorf · 06.07.2020
zurück zur ÜbersichtEntdeckertour mit Kind und Hund
Dort liegt die Wahnbachtalsperre und ihr Wasser hat bei blauem Himmel eine unglaubliche Farbe. An diesem Sonntag liegt der See glatt und glitzernd zwischen den bewaldeten Hügeln und zieht Wanderer und Mountainbiker an. Erst am späten Vormittag kommen wir im kleinen Örtchen Happerschoß an. Eine ovale Metall-Plakette am Ortseingang schimmert hell im Sonnenlicht und weist den Ort als „Golddorf“ des Bundeswettbewerbes „Unser Dorf soll schöner werden“ aus.
Wandern mit App
Wir parken am Dorfrand und wandern los, immer die Wander-App im Anschlag. Eigentlich reichen aber die Wandersymbole an Bäumen und Pfählen aus, um uns den richtigen Weg zu weisen. Linkerhand, jenseits der Kuhweide liegt der Wald, in dessen schattige Kühle wir kurz darauf eintauchen. Unser eigentlicher Weg ist von umgefallenen Bäumen blockiert und so machen wir uns an einen waghalsigen Abstieg, den einige Radler vor uns erstaunlicherweise samt Fahrrädern schaffen.
Auch wir stehen kurz darauf wohlbehalten unten an Bach. Das Gefährlichste, was uns hier noch droht, sind halsbrecherische Mountainbiker, die vereinzelt mit hohem Tempo an uns vorbeirasen. Während ich noch kopfschüttelnd hinterherstarre, meldet sich Malia: „Wir wollten doch zum Wasser!?“ In der Tat ist hier von der Talsperre noch nichts zu sehen. Das soll sich nach der nächsten Kurve ändern, denn plötzlich schimmert es türkisblau durch die Bäume. Zugleich hüllt uns eine duftende Brise sommerwarmer Nadelbäume ein, die wir gleich mit dem Mittelmeerraum verbinden. Pinien sind es wohl kaum, vielleicht erzeugen Kiefern diesen Duft nach Urlaub.
Kurze Zeit später stehen wir am Ufer des wohl klarsten Sees, den ich seit langem gesehen habe. Hier lassen wir uns zu einer kleinen Pause nieder und beobachten die Libellen, die zahlreich über dem Wasser gaukeln. Weiter geht es erst über breite, dann über schmalere steile Pfade, die die Tour spannend machen. Pinn lautet der Name unseres Zielortes: eine Künstlerkolonie in der Nähe eines Aussichtspunktes. Dort soll es nicht nur viel zu sehen sein, sondern auch Snacks geben. Eine Aussicht, die Malias Schritt schneller werden lässt.
Fußabdruck eines Dinosauriers?
In einem Tal finden wir den Abdruck eines riesigen Dinosaurierfußes – was soll es sonst sein?! Und auch unser Hund, der sich eben noch halsbrecherisch in jede Schlucht geworfen hat, bleibt stehen und schnüffelt ganz aufgeregt. Das dazugehörige Tier sehen wir wundersamerweise nicht und auch der Ort, der in unserer Wander-App mit dem verheißungsvollen Stichpunkt „Wolfssichtung“ versehen ist, entpuppt sich als harmlos, zumindest am Tag. Wir verlassen den Wald und merken, dass die Sonne ziemlich gnadenlos herunterbrennt. Bevor es unangenehm wird, haben wir Pinn schon erreicht.
Kunst und Kulinarisches
Bald kommen wir an einer Gartenanlage mit verschiedenen kleineren Gebäuden und einem größeren holzverkleideten Haupthaus vorbei. Hier ist die „Galerie Sattelgut“. Mehrere Künstler stellen ihre Werke in kleinen Fachwerkscheunen und im Skulpturenwald aus. Im liebevoll eingerichteten und geführten „Eine ART Kiosk“ warten Kuchen, Bockwurst, Getränke und hübsche Kleinigkeiten auf die Besucher. Begrüßt werden wir hier außerordentlich herzlich, pausieren bei Wasser und Muffins unter einem großen Baum und unterhalten uns mit einem der Künstler. Hier lässt es sich aushalten.
Unser Ziel ist jedoch die Aussichtsplattform Pinn, für die wir nochmal zehn Minuten über einen bequemen Waldweg weiterwandern. „Das Tor auf dem ‚Betreten verboten‘ steht, müssen Sie einfach umlaufen“, hatte uns der Künstler augenzwinkernd mit auf dem Weg gegeben. Und in der Tat scheint das hier seit Jahren so Usus zu sein, denn der Wanderweg schlängelt sich mittlerweile einfach um die Barriere herum. Einen Zaun gibt es nicht und so erwartet uns nach weiteren 450 Schritten eine Aussicht über die Talsperre, für die sich die Wanderung wirklich gelohnt hat.
Zurück geht es auf breiteren Wegen meist am Waldrand entlang, mit schönen Aussichten über Weiden und Wiesen. Nach zehn Kilometern kommen wir glücklich und voller Eindrücke wieder in Happerschoß an. Meine Sehnsucht nach Meer ist erst einmal gestillt.
Tipp: Um die besondere Farbe des Stausees zu erleben, sollte man bei schönem Wetter wandern. Ein 24 Kilometer langer Wanderweg führt rund um den See. Wer ihn komplett gehen will, braucht Übung. Einige Teilabschnitte eignen sich aber auch für leichte Spaziergänge. Der von uns beschriebene Wanderweg ist für Kinderwagen und Fahrräder nicht geeignet. Wichtig: Die Talsperre dient der Trinkwasserversorgung, schwimmen und plantschen sind daher verboten.
Geschichte der Wahnbachtalsperre
Der Stausee zwischen Siegburg und Hennef ist das Trinkwasser-Reservoir der Region. Anfang der Fünfzigerjahre war die Wasserversorgung im Bereich Bonn und Rhein-Sieg alles andere als gut. Das Wasser wurde aus Brunnen an Rhein und Sieg gefördert und immer wieder geriet unbeabsichtigt verschmutztes Flusswasser dazu. Die Gemeinden suchten nach einer Lösung und fanden das Wahnbachtal mit vielen Weiden, einer Mühle, einem Gasthaus und zwei Bauernhöfen. 1954 rückten die Bagger an. Die Bewohner mussten ihr Tal verlassen und die Gebäude wurden abgerissen. Vier Jahre dauerte der Bau des riesigen Staudamms, der das Wahnbachtal nun am nördlichen Ende begrenzt. Lediglich einige Brücken befinden sich heute noch unter dem Wasserspiegel und kamen zuletzt im Jahr 2008 zu Vorschein, als die Talsperre saniert wurde.
Gut zu wissen
Startpunkt der Wanderung:
Im Scheidebungert
53773 Hennef-Happerschoß
Ziel der Wanderung:
Galerie Sattelgut Pinn und „Eine ART Kiosk“
Pinnerstr.10a
53819 Neunkirchen-Seelscheid
www.galerie-sattelgut.de
Aussichtplattform Pinn:
Pinnerstraße bis zum Wendehammer weitergehen/-fahren
Von dort aus rund 450 Meter bis zur Aussichtsplattform wandern.
Verwendete Wander-App: