Akrobatik auf dem Pferd

Wir schnuppern heute bei der Voltigier- und Reitgemeinschaft Köln Süd e.V. an dieser Sportart, die an Ballett auf dem Pferd erinnert und fahren in den Stadtteil Weiß ganz im Süden von Köln, der im schönen Rheinbogen liegt. Hand in Hand führen unsere Gastgeberinnen Uschi und Claudia uns in die Mischung aus Pferdevernarrtheit, Bewegungsfreude und höchster Konzentration ein.

Drei Pferde nennt der Verein sein eigen: Empire, ein Apfelschimmel mit einer Schulterhöhe von 1,78 m der Größte; Elvis, ein imposanter Rappe und Que, der Braune, der heute Abend seinen Einsatz hat. (Das wird übrigens wie das englische „Queue“ ausgesprochen, nicht wie das spanische „Que“.) Allen dreien steht die Sanftmut ins Gesicht geschrieben. Die braucht ein Pferd auch, um sich fürs Voltigieren zu eignen. Genauso wie die Körpergröße, denn sie tragen ja immerhin einiges an beweglichem Gewicht auf ihren Rücken.

Voltigieren ist ein Teamsport

Das Team in der Halle © Claudia Berlinger

Als die zehn Volti-Mädchen eintreffen, wird gleich klar, dass sie eine eingespielte Truppe sind. Während die ersten Que aus der Box holen und ihn gemeinsam putzen, bereiten die anderen das Holzpferd und den Gymnastikplatz vor. Dann heißt es auch schon Aufwärmen. Que dreht seine Runden auf dem Paddock und Norea begleitet die Mädchen beim Warmlaufen in verschiedenen Gangarten: Seitgalopp rechts, Seitgalopp links, beim Laufen die Oberschenkel heben und ein bisschen joggen. Dann folgen verschiedene Dehnübungen und Trockenübungen auf dem Holzpferd, denn für das Heimturnier am 1. Juli auf dem Hof der Familie Lorbach wird hier heute an den Feinheiten geschliffen.

Die Mädchen, die heute gemeinsam voltigieren, sind zwischen 9 und 14 Jahre alt, doch Norea hält sich wacker zwischen den „Jugendlichen“. Während Que noch seine Kreise dreht, entsteht ein spontaner Handstand-Flashmob und wir staunen über so viel Körperspannung auf einem Fleck. Im Grunde ist das Voltigieren schon eine Art Leistungssport, auch wenn der Spaß hier garantiert nicht zu kurz kommt. Kein Wunder, dass der Einstieg erst ab ungefähr 8 Jahren vorgesehen ist. Erst sollen sich die Kinder dem Übergang vom Kindergarten in die Schule widmen. „Wenn sie dann in ihren Schulalltag integriert sind, so ab der 2. oder 3. Klasse, haben sie die nötigen Kapazitäten, um an dieser anspruchsvollen Sportart teilzunehmen“, weiß Uschi, die Hunderte von Mädchen unterrichtet hat, aus ihrer langen Erfahrung.

Voneinander lernen

Erst wenn ein Mädchen aussteigt, kann ein Neues nachrücken. So besteht in der Gruppe immer ein großes Wissen, das von den „alten Hasen“ an die Neuen weitergegeben wird. Schnell findet sich ein Mädchen, das Norea zeigt, wie man im Lauf aufs Pferd kommt. Das lernt sich am besten vom Trampolin aus. Hüpfen, aufsitzen und schnell Körperspannung aufbauen und eine der Posen ausführen, die wir aus dem Yoga kennen, die aber natürlich ganz anders heißen. Während wir uns beim Yoga in kontemplativer Ruhe auf einer Matte befinden, wird Que im Schritt, Trab und sogar Galopp geführt. Um sicher mit ausgestreckten Armen auf dem laufenden Pferd zu knien, braucht es ordentlich Muskulatur und eine stabile Beckenausrichtung.

Jede Menge Rituale

Das Team auf dem Platz © Claudia Berlinger

Doch die Mädchen lernen auch, sich auf den Rhythmus des Pferdes einzustellen. Zu Beginn der Übungen auf Que laufen alle hinter ihm her, nachdem sie sich und das Pferd abklatscht haben, und machen seinem Namen alle Ehre. (Die Queue ist ja das, wofür die Engländer weltberühmt sind: das Schlange stehen.) Es entsteht ein Teamgeist, der eine Wonne ist. Ich darf wieder einmal sehen, dass ein Pferd nicht als Sportgerät gesehen wird, sondern als Teampartner, den alle achten und lieben. Die Stimmung ist gut und während die einen Mädchen in der Halle auf Que üben, machen die anderen Bockspringen, einen Stützwettlauf oder ein bisschen Hanteltraining.

Vor dem abschließenden Gruppenkuscheln darf Norea auch ihre Erfahrungen auf Que sammeln und macht sogar ein „Doppelfähnchen“ mit einer Teamkollegin. Das Fazit war zu erwarten: Ihr Name kommt auf jeden Fall auf die Warteliste, egal, wie lang sie auch ist.